Ganz großes Marketing

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Von
  • Peter Siering

Ganz großes Marketing

Nie habe ich mich über ein zukünftiges Microsoft-Produkt - ja überhaupt über ein Produkt - besser informiert gefühlt als in den vergangenen Monaten. Alle paar Tage schneidet Microsoft ein weiteres Infohäppchen des kommenden Windows 8 ab und lässt uns alle kosten. Besonders in der Online-Welt werden die dankbar aufgenommen und eifrig wiedergekäut. Wenn sich die dabei produzierte heiße Luft verzogen hat, zückt Microsoft das Messer für den nächsten Happen.

"Windows bekommt ein neues Dateisystem, wird mit neuer Logik vieler Platten Herr, bringt Virtualisierung mit, startet noch schneller, spart lästige Update-Reboots, schont sowohl den Akku als auch den Hauptspeicher und schützt vor schädlicher Software." Überfordert wird niemand: Die Informationstiefe genügt, damit der Experte ahnt, worum es sich handeln könnte, und der Laie staunt.

Ach wie schrecklich wäre es, wenn wir alle Informationen auf einmal verdauen müssten. Wir könnten sie gar nicht gebührend genießen. So bleibt Zeit zum Innehalten: Microsoft weiß schon lange, was Windows-Nutzer plagt. Aber nunmehr nimmt man sich die Zeit, ein angenehmes Ambiente zu schaffen, um diese Neuerungen auch angemessen zu würdigen - ein willkommener Beitrag zur Entschleunigung. Und: Endlich sind die Informationen offiziell, früher konnte man den kursierenden Gerüchten ja kaum trauen.

Demonstrativ seziert ein Entwickler das neue Dateisystem - B+-Bäume allenthalben, geschrieben wird stets neu, sodass ein Dateisystemprüflauf niemals nötig sein sollte. Famos, dass die Dateisystembauer im Nordwesten der Vereinigten Staaten eine solide Implementierung für das anfertigen, was Informatikstudenten in den ersten Semestern lernen. Rücksichtsvoll ist, dass sie die erst mal auf Servern testen lassen. Später kommt dann auch der gemeine Windows-Nutzer in den Genuss dieser Errungenschaften. Super.

Andere detailreiche Informationen wie die "Windows Hardware Certification Requirements" sind Microsoft keine Erwähnung wert. Die mussten die Open-Sourcer erst entdecken und eine Empörungslawine lostreten, weil ARM-Geräte mit einem sicheren Boot-Loader für andere Betriebssysteme entwertet würden. Das Negativecho hat Microsoft womöglich vorhergesehen und diese Neuerungen proaktiv nicht kommuniziert - Profis eben, die Jungs und Mädels in Redmond.

Fürs Marketing reicht es halt, wenn der Adressat sich bestens informiert fühlt - nicht etwa, dass er es wirklich ist. (ps)