Univention: Mit renoviertem UCS und neuem Preismodell zum Cloud-Enabler

Der Bremer Open-Source-Spezialist will sich als Cloud-Enabler für ISVs etablieren. Eine überarbeitete Preisstruktur soll den Univention Corporate Server zur optimalen Basis für Cloud-Dienste von Partnern machen.

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Von
  • Matthias Parbel

Will Univention zum Cloud-Enabler für ISVs machen: Chef und Gründer Peter Ganten

(Bild: Univention)

Dass dem Cloud-Computing die Zukunft gehört, davon ist Univention-Chef Peter Ganten schon länger überzeugt. Doch der Bremer Open-Source-Spezialist will sein Kernprodukt, den Univention Corporate Server (UCS), künftig auch als Basiskomponente für den Aufbau von Cloud-Services aller Art etablieren. Denn, und da vertraut Ganten auf einen von Gartner ausgemachten Trend, plattformunabhängige Software findet immer größere Verbreitung. Nach Aussage der Marktforscher überwiegen bei neuen Applikationen inzwischen die plattformunabhängigen gegenüber denjenigen, die speziell für Windows entwickelt wurden. Die Triebfedern für diesen Trend sind bekannt: Anwender – gewerbliche wie auch private – wollen immer und von überall auf ihre Daten zugreifen können. Und dabei kommt eine immer größere Zahl von Client-Geräten zum Einsatz. Allen voran die boomenden Smartphones und Tablets, mit denen auch neue Betriebssystemplattformen wie iOS oder Android ihren weltweiten Siegeszug angetreten haben.

Um UCS allerdings für die Aufgabe als Cloud-Plattform fit zu machen, bedurfte es im zurückliegenden Jahr gehöriger Anstrengungen – so konnte Version 3.0 des Open-Source-Servers schließlich erst im Dezember 2011 freigegeben werden. Mithin deutlich später als ursprünglich geplant, wie Ganten vor den am 19. Januar zum vierten Partner-Summit in Bremen versammelten weit über 100 Teilnehmern einräumte. Bei dem massiven Umbau des UCS-Codes habe Univention allerdings nicht nur zahlreiche Neuerungen eingebaut, sondern auch reichlich Ballast über Bord werfen können. Der Server bekam unter anderem ein komplett neues Web-Interface, das Firewall-Konzept wurde überarbeitet und außerdem die Voraussetzungen geschaffen, um UCS als Appliance in bestehende Plattformen wie etwa die Cloud-Umgebungen von Amazon, Fujitsu oder IBM einzubinden.

Über 100 Teilnehmer kamen zum 4. Univention Partner Summit nach Bremen

Das wesentliche Ziel der Bemühungen sei es gewesen, dem Anwender die größtmögliche Wahlfreiheit zu gewährleisten, betonte Ganten. Schließlich solle beim Einstieg in die Cloud nicht die ursprüngliche Abhängigkeit von einer Hersteller-Plattform durch die Abhängigkeit von einem Cloud-Provider abgelöst werden. Deshalb halte Univention auch konsequent am Einsatz offener Standards fest. Wird eine Anwendung auf Basis von UCS-Instanzen beispielsweise in der "Amazon Cloud" betrieben, können die Images der eingesetzten virtuellen Maschinen bei Bedarf unkompliziert zu einem alternativen Cloud-Anbieter überführt werden. Diesen Prozess will Univention künftig sogar so weit öffnen, dass der Anwender die Migration selbst vornehmen kann.

Als wichtigste Neuerung zum Jahresauftakt kündigte Univention-Gründer Ganten jedoch das neue Preismodell an, bei dem die ursprüngliche Trennung zwischen UCS-Basissystem und der Management-Konsole aufgehoben wird. Während in der Vergangenheit beispielsweise für die Implementierung einer Groupware wie etwa Open-Xchange auf einem UCS-Server durch eine große Zahl angebundener Clients schnell immense Kosten auf den Kunden zukamen, fällt künftig lediglich der Einstiegspreis von 290 Euro je physikalischem UCS-Server an. Für Support und eventuell benötigte ergänzende Services fallen weitere Kosten an – für den Premium Support eines Univention Corporate Server zum Beispiel 1690 Euro. Das Preismodell für die Dienste wie etwa die "Desktop Vitualization Services" oder den "Univention Corporate Desktop" wurde zudem linearisiert, das heißt, der Preis bleibt anders als bisher von Jahr zu Jahr konstant. Speziell für Cloud-Umgebungen führt Univention außerdem die monatliche Abrechnung pro virtualisiertem UCS ein. Im Betrag von 30 Euro je Server ist dann der Standard-Support bereits enthalten.

Mit dem renovierten Preismodell und den übrigen Neuerungen des UCS habe Univention nun die wichtigsten Hindernisse beseitigt, die bisher gegen den Einsatz dieses Open-Source-Servers gesprochen haben sollten, unterstrich Firmenchef Ganten. Während das On-Premise-Geschäft – außer im Novell-Umfeld – stagniert, wolle sich das Unternehmen in diesem Jahr nun besonders dem Bereitstellungsmodell "Cloud" widmen. Unvention übernimmt dabei die Rolle des Cloud-Enablers für ISVs, die ihre Anwendungen – mittelfristig sogar im Rahmen eines App-Stores – als Cloud-Dienste verfügbar machen wollen. UCS könne sogar in den Fällen als Basisplattform genutzt werden, wo bisher noch nicht cloud-fähige Applikationen als Service über das Netz vermarktet werden sollen. "Auf diese Weise versetzen wir ISV-Partner in die Lage, eine viel größere Zahl von Kunden erreichen zu können", erläutert der Univention-Chef. UCS empfehle sich zudem gegenüber proprietären Lösungen als geeignete Plattform aufgrund des konsequenten Einsatzes von Open Source, respektive offener Standards. Denn speziell im Falle von Cloud-Anwendungen trägt der Systemintegrator beziehungsweise der anbietende Dienstleister ja die Verantwortung für die Funktionstüchtigkeit des Service – "da ist es sehr hilfreich, wenn der Betreiber der Plattform im Ernstfall auch mal technisch unter die Haube schauen kann", ergänzt Ganten.

Für Univention könnten sich unterdessen über die neu gewonnenen ISV-Partnerschaften zusätzliche Kunden- und Absatzsegment eröffnen. Denn 2011 blieben die Geschäfte des Bremer Open-Source-Spezialisten hinter den Erwartungen zurück, wie Ganten einräumte. Dazu hätten auch die Verzögerungen bei der Fertigstellung von UCS 3.0 beigetragen. Den Umsatz konnte Univention dennoch um rund 15 Prozent steigern – das Wachstum sei aber primär dem Bestandskundengeschäft zu verdanken. Mit gut 750 Maintenance-Verträgen im deutschsprachigen Raum liege das Unternehmen aber annähernd auf Augenhöhe mit maßgeblichen Konkurrenten wie Red Hat. (map)
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