Telefonica auf dem Sprung ins deutsche Mobilfunkgeschäft

Die Bedeutung, die das Telefonica-Management dem deutschen Markt einräumt, lässt sich daran ablesen, dass O2-Chef Rudolf Gröger ins Führungsgremium des Konzerns aufrücken soll.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Drei Jahre nach dem kläglichen Scheitern mit der deutschen UMTS-Lizenz hat die spanische Telefonica im zweiten Anlauf das Tor zum wichtigsten Mobilfunkmarkt in Europa weit aufgestoßen. Mit der angekündigten Übernahme des britischen Anbieters O2 fällt auch dessen deutsche Tochter mit 8,5 Millionen Kunden in die Hände der Spanier. Geht die Akquisition wie geplant über die Bühne, verdrängt Telefonica die Deutsche Telekom im europäischen Mobilfunkgeschäft vom zweiten Platz.

Für die Telekom wäre ein Erfolg des Konkurrenten aus Spanien eine Schlappe und große Herausforderung zugleich. Schließlich hatten Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und sein niederländischer Vorstandskollege von der KPN selbst die Übernahme von O2 in Erwägung gezogen. Neben der Telekom müssen sich im Mobilfunk aber auch Vodafone und E-Plus auf eine härtere Gangart einstellen. Denn die Spanier dürften in Deutschland mächtig aufdrehen, um O2 nach vorne zu bringen. Schon jetzt stehen die Münchner wirtschaftlich gesehen (nach Umsatz und EBITDA) besser da als E-Plus. Die Bedeutung, die das Telefonica-Management dem deutschen Markt einräumt, lässt sich daran ablesen, dass O2-Chef Rudolf Gröger ins Führungsgremium des Konzerns aufrücken soll.

"Bei den Anlegern macht sich Angst breit, O2 könnte in Deutschland aggressiver auftreten", sagt der Analyst der Privatbank Merck Finck & Co. Theo Kitz zu den Kursabschlägen vom Montag bei der T-Aktie. Ansonsten sieht Kitz den spanischen Angriff eher gelassen. Angesichts der hohen Preise, die man für Mobilfunkfirmen auf den Tisch blättern müsste, seien Partnerschaften auf den reifen Märkten in Europa viel sinnvoller. Der Telekom empfiehlt Kitz Enthaltsamkeit: "Das Unternehmen ist immer noch hoch verschuldet. Ein Zukauf würde die Verbindlichkeiten erheblich ansteigen lassen." Ohnehin müsse die Telekom in den USA durch den Erwerb von Lizenzen im Mobilfunk noch mehrere Milliarden Euro investieren. Und Kitz schlussfolgert: "Die Telekom kann keine großen Sprünge machen".

Auch Werner Stäblein von der Frankfurter BHF-Bank sieht die Avancen der Spanier kritisch. "Das ist ein sportlicher Preis", urteilt der Analyst über die 26-Milliarden-Euro-Kaufofferte von Telefonica. Zugleich hat er Zweifel, ob sich diese Summe jemals rechnen wird. "Es kommt nicht darauf an, wo man ist, sondern welche Rendite auf das eingesetzte Kapital erzielt wird", sagt Stäblein zur mangelnden Präsenz der Telekom auf großen Mobilfunkmärkten in Westeuropa (Italien, Spanien, Frankreich).

Andere Experten gehen dennoch davon aus, dass die Übernahme bei der Telekom nicht ohne Auswirkungen bleibt. "Der Druck auf T-Mobile steigt, ihrem Anspruch als führender internationaler Mobilfunker gerecht zu werden", sagt Martin Gutberlet, Analyst bei der Unternehmensberatung Gartner. Genannt werden Mobilfunkfirmen wie Bouygues Telecom in Frankreich oder Wind in Italien als mögliche Kandidaten.

Für Telefonica könnte César Alierta mit O2 die bittere Schmach des UMTS-Abenteuers in Deutschland wieder vergessen lassen. Gemeinsam hatten die Spanier im Jahr 2000 mit der finnischen Sonera eine UMTS-Lizenz für rund 7,5 Milliarden Euro ersteigert. Der Neuling, der unter dem Namen Quam angetreten war, den eingesessenen Mobilfunkriesen das Fürchten zu lehren, warf schon bald das Handtuch, ehe das UMTS- Geschäft überhaupt begann. Das Geld für die Lizenz wurde in der Telefonica-Bilanz komplett abgeschrieben.

Andreas Bodczek, Geschäftsführer der Telefonica Deutschland GmbH (Verl), darf sich freuen. Die noch kleine Deutschland-Tochter des spanischen Unternehmens, die bislang nur im Firmenkundenbereich und als Infrastrukturanbieter für Internet-Provider aktiv ist (Umsatz: 300 Millionen Euro), könnte bald ein große mobile Schwester bekommen. Nicht auszuschließen, dass Telefonica dann auch gestärkt im Festnetz den Platzhirsch Telekom angreifen wird.

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(Peter Lessmann, dpa) / (jk)