Deutschland unterzeichnet ACTA vorerst nicht

Das Auswärtige Amt hat die bereits erteilte Weisung zur Signierung des umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommens nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa wieder zurückgezogen.

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  • dpa

Deutschland wird das internationale Urheberrechtsabkommen ACTA nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa vorerst nicht unterzeichnen. Das Auswärtige Amt habe die bereits erteilte Weisung zur Signierung des umstrittenen Vertragswerks wieder zurückgezogen, verlautete am Freitag aus Regierungskreisen.

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (Handelsabkommen zur Abwehr von Fälschungen) wurde im Januar von der EU, aber noch nicht von allen Mitgliedsstaaten unterzeichnet. Der auf Initiative der USA und Japans ausgehandelte Vertrag regelt unter anderem die "Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld".

Update: Die zuständige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) habe Bedenken angemeldet, sagte am Freitag ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Eine Entscheidung in der Sache sei damit aber nicht verbunden. "Es ist notwendig und geboten, dass alle Fakten auf dem Tisch liegen", forderte Leutheusser-Schnarrenberger. Jetzt müsse sich das Europaparlament mit dem Abkommen befassen und "entscheiden, ob es ACTA will oder nicht will".

Die Gegner des umstrittenen Vertrags, unter ihnen die Grünen, die Linke und die Piratenpartei, begrüßten die Entscheidung als einen ersten Erfolg. "Wir begrüßen es, dass die Bundesregierung zurückrudert und ACTA vorerst nicht unterzeichnen wird", hieß es in einer schriftlichen Erklärung der Grünen. Jetzt müsse das Europaparlament die Ratifizierung verhindern und ACTA endgültig zu Fall bringen, forderten Parteichefin Claudia Roth und der netzpolitische Sprecher Malte Spitz. Die Grünen hielten daher an ihrem Aufruf zu europaweiten Protesten am Samstag fest.

Bedenken wurden auch innerhalb der FDP laut. Deren Abgeordneter Manuel Höferlin erklärte: "Die Verhandlungspartner des Abkommens, unter anderem die EU-Kommission, müssen sich vorwerfen lassen, dass sie die aktuellen Proteste durch ihre sehr intransparente Verhandlungsweise selbst ausgelöst haben." Hingegen sprach der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Markus Kerber, von einer "Rolle rückwärts", die dem Innovationsstandort Deutschland schade und ein fatales Signal nach Brüssel sende.

Auch in anderen EU-Ländern nahmen in den vergangenen Tagen die Bedenken zu. In Polen, Tschechien und Lettland wurde die Ratifizierung des Vertrags nach heftigen Protesten vorerst ausgesetzt. "Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass die bürgerlichen Freiheiten und der freie Zugang zu Informationen in irgendeiner Weise bedroht sind", erklärte der tschechische Ministerpräsident Petr Necas.

Brüssel hielt sich am Freitag mit Reaktionen zurück. "Die EU-Kommission kann die Entscheidungen der Mitgliedsstaaten, wie sie mit Acta umgehen, nur zur Kenntnis nehmen", sagte eine Kommissionssprecherin auf Anfrage. Der Sprecher von EU-Digitalkommissarin Neelie Kroes betonte: "ACTA wird nicht verändern, wie wir das Internet täglich erleben." Ziel des Vertrages sei es, ein ausgeglichenes Spielfeld für EU-Exporteure zu schaffen. (anw)