Krankmeldungen erreichen neuen Höchststand

Der Krankenstand hat 2011 den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht. Grund ist nicht nur der zunehmende Stress im Job, sondern auch der demografische Wandel.

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Von
  • Marzena Sicking

Jedes Jahr veröffentlichen die großen Krankenkassen eine Analyse ihrer Statistiken, die Auskunft über den Krankenstand ihrer Versicherten gibt. Sie unterscheiden sich in ihren Angaben nur geringfügig, so dass der aktuell veröffentlichte "DAK-Gesundheitsreport 2012" durchaus als symptomatisch für die aktuelle Situation gewertet werden darf. Was diesen Bericht aber besonders interessant macht, ist die zusätzliche Befragung von rund 3.000 Arbeitnehmern zu ihrer Situation am Arbeitsplatz.

Doch zunächst zu den Basics: Laut DAK-Gesundheitsreport 2012 stieg der Krankenstand stieg 2011 auf 3,6 Prozent, 2010 lag er noch bei 3,4. Damit wurde im vergangenen Jahr der höchste Krankenstand seit 15 Jahren erreicht. Zugleich wird vor falschen Interpretationen gewarnt: Die Steigerung bedeute keinesfalls, dass es mit der Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung abwärts gehe. Vielmehr sei der demografische Wandel in den Betrieben angekommen: Die Belegschaften seien heute deutlich älter, als noch vor zehn Jahren. Ältere Mitarbeiter werden laut Statistik seltener krank als die jüngeren Kollegen, dann aber länger.

Vor allem der Anteil der Krankschreibungen aufgrund von psychischen Erkrankungen ist im vergangenen Jahr (von 12,1 auf 13,4 Prozent) weiter angestiegen und hat sich in den letzten 15 Jahren damit mehr als verdoppelt. Auch dieser Trend ist für den gestiegenen Krankenstand verantwortlich: Wer wegen eines psychischen Leidens krank geschrieben wird, fällt meist etwa 30 Tage aus. Der "normale" Durchschnitt eines Versicherten liegt bei 13,2 Tagen. Ob es hier tatsächlich einen Zusammenhang mit dem beruflichen Alltag gibt, sollte die Befragung von rund 3.000 Berufstätigen klären. Und die Antwort lautet eindeutig "ja".

So fühlt sich jeder Fünfte "stark" oder "sehr stark" durch Zeitdruck oder ein besonders hohes Arbeitsaufkommen belastet. Genausoviele fühlen sich durch häufige Unterbrechungen und Störungen der Arbeitsabläufe zusätzlich gestresst. Zehn Prozent leiden unter der hohen Verantwortung und den regelmäßig notwendigen Überstunden im Job. Diese Belastung erhöhe nicht nur das Risiko für psychische, sondern auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so die Warnung der Gesundheitsexperten.

(Bild: DAK)

Weitere 17 Prozent gaben an, dass die mangelnde Anerkennung durch Vorgesetzte sie belastet, 15 Prozent sind gestresst, weil sie Angst vor einer Verschlechterung ihrer Arbeitssituation haben oder diese gerade tatsächlich erfahren müssen. Weitere Stressfaktoren: widersprüchliche Anweisungen, struktureller Umbau des Unternehmens oder die Tatsache, dass man eine Arbeit lieber ganz anders angepackt hätte, als vom Vorgesetzen angeordnet.

Interessant: Obwohl das Thema "Burn out" im vergangenen Jahr in den Medien dauerpräsent war und somit auch die Hemmschwelle bei den Arbeitnehmern sank, sich dazu zu bekennen, waren nur 9,3 Prozent der Befragten davon betroffen. Und es handelt sich keinesfalls um eine typische Managerkrankheit: vor allem Facharbeiter und Arbeiter befinden sich in einer beruflichen Krise, die sich auch gesundheitlich negativ auswirkt.

Deutlich unterdurchschnittlich tritt das Problem bei Freiberuflern und Selbstständigen auf (3,9 Prozent). Das Homeoffice ist übrigens durchaus dazu geeignet, den Stress zu reduzieren. Allerdings nur, wenn Bürotage durch Heimarbeitstage ersetzt werden. Bedeutet "Homeoffice", dass hier Arbeit erledigt wird, die während der regulären Arbeitszeit nicht geschafft wurde, steigt sogar das Risiko für einen Herzinfarkt deutlich an.

Weitere Ergebnisse des Gesundheitsreports: Der häufigste Grund für eine Krankschreibung sind noch immer Muskel-Skelett-Erkrankungen, an zweiter Stelle stehen Erkrankungen des Atmungssystems und an dritter Verletzungen verschiedenster Art. Die psychischen Erkrankungen liegen an vierter Stelle. Gute Nachrichten gibt es allerdings auch: Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Versicherten (52,2 Prozent) war 2011 überhaupt nicht krank. (masi)