Neue Energie aus dem Netz

Verfechter der "Cleanweb"-Bewegung kombinierten IT-Expertise und Unternehmertum mit dem festen Willen, Umweltprobleme zu lösen.

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Von
  • Mike Orcutt

Verfechter der "Cleanweb"-Bewegung kombinierten IT-Expertise und Unternehmertum mit dem festen Willen, Umweltprobleme zu lösen.

Daniel Rosen möchte der Welt klar machen, dass er keine traditionelle Energiefirma leitet. "Bei solchen Unternehmen geht es immer um die Hardware", sagt der 26-jährige Mitbegründer und Chef von Solar Mosaic aus San Francisco. "Wir dagegen sind ein Online-Marktplatz."

Rosen gehört zu einer Gruppe von Jungunternehmern zwischen 20 und 30, die sich zur sogenannten "Cleanweb"-Bewegung zählen. Erst kürzlich hat sie ihren zweiten "Hackathon" an der New York University durchgeführt. Bei dem Wochenendforum geht es den Start-up-Gründern regelmäßig darum, der Öffentlichkeit zu demonstrieren, welche wichtige Rolle mobile Apps, soziale Netzwerke und Web-Werkzeuge im Bereich Energieeffizienz und Umweltschutz spielen können.

Der Begriff Cleanweb stammt vom kalifornischen Risikokapital-Investor Sunil Paul. Er wollte damit eine Alternative zu den seit einiger Zeit in die Krise gekommenen "Cleantech"-Firmen aufzeigen, jenen kapitalintensiven Batteriefirmen, Biosprit-Herstellern und Solar- und Windenergieunternehmen, die noch mit "echter Hardware" arbeiten.

Beim Cleanweb geht es nun darum, verhältnismäßig billige Informationstechnik einzusetzen, um zu verändern, wie die Welt Energie konsumiert. Paul, der mit seiner Firma Spring Ventures selbst Geld in Solar Mosaic gesteckt hat und zu den Organisatoren des "Cleanweb Hackathon" zählt, gibt sich selbstbewusst. Die Idee sei der aktuell mächtigste Hebel, den junge Unternehmer hätten, um ökologische Herausforderungen meistern zu helfen.

In New York traten die Entrepreneure an, um zu zeigen, wie im Web verfügbare Daten Nutzen stiften können. Eine Gruppe beispielsweise kombinierte Informationen der Stadtverwaltung von New York mit Google-Karten, um zu zeigen, welche öffentlichen Gebäude die meisten CO2-Emissionen verursachen. Ein anderes Team nutzte neuartige Shopping-Algorithmen, um die bei Amazon.com verkauften Produkte nach ihrer Energieeffizienz zu sortieren.

Angst um die Umwelt und der Wille, wegzukommen von fossilen Brennstoffen, gehören zu den wichtigsten Motivationsfaktoren der Cleanweb-Bewegung. "Mich treibt das Problem des Klimawandels", sagt etwa Zak Accuardi, der gerade seinen Abschluss an der Columbia University gemacht hat. "Die Leute ignorieren das derzeit oft und ich versuche herauszufinden, wie man hier einen Wandel hervorrufen könnte."

Weil der Sektor so neu ist, könne man hier durchaus noch reich werden, glauben Investoren. Dave Graham vom Inkubator Greenstart aus San Francisco berichtete interessierten Cleanweb-Hackern in New York, dass sie "nicht das nächste Facebook gründen müssen, um einen Haufen Geld zu verdienen".

Rosen hob Solar Mosaic vor zwei Jahren aus der Taufe. Die Idee der Firma: Sie wollte Hausbesitzer motivieren, mehr eigene Solarmodule aufs Dach zu setzen. Momentan ist die Technik immer noch teurer als Strom aus fossilen Brennstoffen. Ein wichtiger Grund dafür sind die Nebenkosten, heißt es in einer Untersuchung des US-Energieministeriums – Kredite, Genehmigungen, Installationsaufwand.

Solar Mosaic will deshalb das Internet als Crowd-Funding-Instrument verwenden. Dabei nutzen Gebäudebesitzer die Website, um für ihre Projekte zu werben. Die Öffentlichkeit kann dann die interessantesten Ideen unterstützen und für 100 US-Dollar pro Stück Anteilsscheine kaufen. Ist ein Vorhaben durchfinanziert, wird das Geld abgebucht und die Installation bezahlt. Die Investition erhält man dann über monatliche Auszahlungen der Hausbesitzer zurück, wovon Solar Mosaic eine Provision einbehält.

Aktuell laufen drei Projekte – eines soll das Haus des Navajo-Künstlers Sonto Begay mit Solartechnik bedecken. Von zwei bereits finanzierten Projekten erreichte eines knapp 100.000 Dollar. 120 Solarmodule werden dabei für ein Gebäude im kalifornischen Oakland angeschafft.

Rosen hält die Cleanweb-Idee deshalb für so mächtig, weil sie neue Formen der Informationsverteilung mit neuen Formen der Energiegewinnung kombiniert. Beim Hackathon leitete Rosen deshalb eine Studentengruppe, die daran arbeitete, eine Kartendarstellung der Solar-Mosaic-Projekte zu erstellen und außerdem Twitter-Gespräche über Solarthemen zu integrieren. "Die Leute können dann sehen, dass über das Thema geredet wird."

Viele Cleanweb-Ideen, beispielsweise die genaue Erfassung des persönlichen Elektrizitätsverbrauchs, sind allerdings nur so gut wie die Informationen, die digital vorliegen. Das kann eine große Hürde sein, zumal alteingesessene Konzerne ungern helfen. "Man muss viel Geld in Technik investieren und sich die Zeit für die Integration nehmen", sagt Eric Shiflet, der als Produktmanager bei Tendril in Colorado an Software arbeitet, die einen "Zweiwegedialog" zwischen Kunden und Stromversorgern implementieren soll.

Tendril stellt seine Daten aus dem sogenannten Energy Internet über eine Programmierschnittstelle bereit und hofft, dass externe Entwickler Wege finden, sie auf interessante Arten zu nutzen. Die Firma war deshalb auch Sponsor des Hackathon. "Wir wollen sicherstellen, dass derjenige, der eine Killer-App im Energiebereich fertigstellt, auch unsere Plattform nutzt", sagt Shiflet. ()