Tausende demonstrieren erneut gegen ACTA

Am zweiten europaweiten Aktionstag gegen das Urheberrechts-Abkommen ACTA gingen erneut in Deutschland und Europa tausende Menschen in rund 130 Städten auf die Straße.

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  • dpa

Bundesweit hatten Veranstalter in 50 deutschen Städten zu Protesten gegen ACTA aufgerufen.

(Bild: Hagen Sankowski (CC-BY-SA 3.0))

In rund 130 Städten in Deutschland und Europa sind am Samstag wieder Tausende Menschen gegen das Urheberrechts-Abkommen ACTA (Anti-counterfeiting Trade Agreement) auf die Straße gegangen. In München versammelten sich nach Polizeiangaben rund 2000 Gegner des Abkommens zum internationalen Urheberrecht und zogen anschließend durch die Stadt. Auf Plakaten waren Protestsprüche wie "Mit ACTA ist alles doof" und ähnliche zu lesen. In Nürnberg, Hamburg und Mannheim waren es 1500 Demonstranten, in Dortmund sollen es 1200 gewesen sein. In Würzburg gingen 600 und in Augsburg etwa 300 ACTA-Gegner auf die Straße; in Passau protestierten etwa 220 Menschen und in Kempten rund 200. In Düsseldorf blockierten Demonstranten zeitweise eine Kreuzung in der Innenstadt. In Berlin versammelten sich rund 700 Menschen vor dem Roten Rathaus. Auf Schildern forderten sie unter anderem "Acta: Rechtsstaat war gestern" und "Überwachungsstaat abschaffen".

In Bremen, Frankfurt und Stuttgart gingen nach Polizeiangaben jeweils mehr als 1000 Menschen gegen den internationalen Pakt auf die Straße. Auch in Hannover, Braunschweig, Osnabrück und Oldenburg erwarteten die Veranstalter am Nachmittag insgesamt bis zu 5000 Teilnehmer. In Saarbrücken und Koblenz beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 450 Menschen an den bundesweiten Protesten, darunter auch Vertreter von Parteien. In Kassel gingen etwa 300 Menschen auf die Straße, in Magdeburg und Erfurt waren es rund 500. In Koblenz sprach die Polizei von etwa 200 Demonstranten, in Trier und Ulm waren es je rund 150, in Lübeck immerhin 50. Im niederbayerischen Regen fiel der Demonstrationszug mangels Teilnehmern aus. In allen Städten verliefen die Veranstaltungen laut Polizeiangaben friedlich.

Demonstrationsmeldungen gibt es auch aus dem Ausland. In der bulgarischen Hauptstadt Sofia und anderen Städten des Landes forderten rund 100 Demonstranten den endgültigen Ausstieg Bulgariens aus dem Abkommen. Die Regierung des EU-Landes hatte es zunächst zwar unterzeichnet, doch nach Protesten von Internetnutzern die noch ausstehende Ratifizierung auf Eis gelegt, bis es eine EU-Haltung dazu gibt. Den Demonstranten in Sofia schlossen sich nach Angaben des Staatsradios erstmals auch Buch- und Musikautoren an. Sie erklärten, dass sie nichts dagegen hätten, dass ihre Werke kostenlos im Internet verbreitet würden.

Die Demonstrationen sind Teil des zweiten europaweiten Aktionstags gegen die Ratifizierung des internationalen Handelskommens. Das Anti-counterfeiting Trade Agreement (ACTA) ist ein internationaler Handelspakt mit dem Ziel, Urheberrechte auch international durchzusetzen. Das Abkommen ergänzt das TRIPS-Abkommen von 1994 im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO). Der ACTA-Vertrag geht auf eine Initiative der USA und Japans aus dem Jahr 2006 zurück. Kritiker sehen in dem Abkommen eine Einschränkung von Freiheitsrechten im Internet. Die Verhandlungen von 2008 bis 2010 standen nach Informationen aus unterrichteten Kreisen unter dem Druck von Interessengruppen insbesondere der Film- und Musikindustrie in den USA. Das fertige Vertragswerk wurde bis Januar von der EU und zehn weiteren Staaten unterzeichnet. Allerdings haben noch nicht alle 27 Mitglieder der EU auch als Nationalstaaten das Abkommen signiert.

Das Abkommen müsste auch noch vom Europaparlament gebilligt und von den Parlamenten der Einzelstaaten ratifiziert werden. Die Front der Unterzeichner bröckelt: Unter dem Eindruck massiver Proteste setzten Polen, Tschechien und Lettland die Ratifizierung von ACTA aus. Die deutsche Unterschrift fehlte nach offiziellen Angaben zunächst aus "formalen Gründen". Jetzt zog das Auswärtige Amt nach dpa-Informationen die bereits erteilte Weisung zur Unterzeichnung des umstrittenen Vertragswerks wieder zurück. Die Bundesregierung hatte bisher erklärt, dass ACTA nichts an der deutschen Rechtslage ändere. Allerdings weisen Kritiker wie Befürworter darauf hin, dass viele ACTA-Bestimmungen einen relativ großen Interpretationsspielraum lassen. In einer Petition an den Bundestag, an der sich Bürger weiterhin beteiligen können, rufen sie die Abgeordneten zur Aussetzung der Ratifizierung des ACTA-Vertrags auf.

Die EU-Kommission hat entschieden, das unter anderem mit den USA und Japan vereinbarte Vertragswerk dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Dieser soll klären, ob ACTA mit den europäischen Grundrechten vereinbar ist. Zuletzt hatten am 11. Februar am ersten europaweiten Aktionstag mehrere tausend Menschen in ganz Europa gegen ACTA protestiert.

Mehr Informationen zu ACTA finden Sie auf unserer Themenseite auf heise online. (hag)