UN streiten über Freiheit im Internet

Zum ersten Mal hat der UN-Menschenrechtsrat über freie Meinungsäußerung im Internet diskutiert. Während die Hochkommissarin für Menschenrechte für mehr Freiheit warb, brachten einige Länder andere Meinungen zu diesem Thema vor.

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Von
  • Monika Ermert

Der Menschenrechtsrat der UN hat am Mittwoch erstmals über freie Meinungsäußerung im Internet diskutiert. Dabei warnte die Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Navanethem Pillay, davor, Inhalte im Inernet können zunehmend gefiltert und gesperrt werden. Der Verlust staatlicher Informationsmonopole könne in vielen Ländern zu immer mehr Netz-Restriktionen führen. Während viele Regierungen die von Schweden initiierte Diskussion ausdrücklich lobten, brachten die Regierungsvertreter aus Kuba, Russland, Weißrussland und China ihren Unmut über das Thema zum Ausdruck, indem sie die Sitzung mit Geschäftsordnungsanträgen torpedierten.

Pillay kritisierte, dass die nationale Sicherheit, der Kampf gegen den Terrorismus, aber auch den Schutz des geistigen Eigentums zunehmend als Vorwand missbraucht werde, um Grundrechte im Netz einzuschränken. Die Sicherheit der Bürger und deren Schutz vor Kriminalität seien zentral. Doch Methoden, Verbrecher im Netz aufzuspüren und auszuforschen, würden zunehmend auch gegen Blogger und Aktivisten eingesetzt. Ausdrücklich warnte die Hochkommissarin vor erdrückenden Auflagen und Haftungsregeln für Service Provider.

Frank la Rue, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf freie Meinungsäußerung und Autor eines aufsehenerregenden Berichts zu Verletzungen des einschlägigen Artikels 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, forderte eine “Entkriminalisierung des Internets”. Vor allem über das Instrument des Strafrechts würden die Grundrechte im Netz angegriffen: “Es wird ziemlich schwer, Urheberrechte zu verteidigen, wenn sich die Menschen dadurch in ihrem Grundrecht auf Informations- und Meinungsfreiheit verletzt fühlen.”

“Machen Sie uns nicht zu Zensoren”, rief William Echikson, Chef für den Bereich “Free Expression, External Relations, Communications and Public Affairs” bei Google den Delegierten des Menschenrechtsrates zu. Echikson sprach von 40 Ländern, in denen gefiltert und blockiert werde. Norwegens Vertreterin sprach gar von 60 Ländern.

Vertreter der EU und der USA verlangten insbesondere eine stärkere Auseinandersetzung mit der Rolle privater Unternehmen. Diese dürften nicht zu Komplizen werden, so die Vertreterin der USA. Die Niederlande verwiesen auf die Initiative der EU, die Ausfuhr von Softwaretools oder Diensten klassischen Dual-Use-Exportkontrollen zu unterziehen. Eine Doppelmoral in Bezug auf die Freiheit im Netz warf Kubas Vertreter den USA vor. Das zeige der Fall Wikileaks und Bradley Manning.

Offen beschrieb der brasilianische Internet-Governance-Experte Carlos Alfonso die Widersprüchlichkeit seiner Regierung bei diesem Thema: Während einerseits der brasilianische Kongress einen Rechtekatalog für das Internet vorbereite – in dem etwa das Recht auf Zugang zu Infrastruktur und Information, aber auch das Prinzip Netzneutralität verbrieft werden sollen –, arbeite die Verwaltung gleichzeitig an zahlreichen Einzelverordnungen, die diesen Prinzipien zuwiderliefen.

Wenige Ideen wurden dazu geäußert, wie die UN das Problem zunehmender Einschränkungen von Grundrechten im Netz angehen können. Neue internationale Verträge sind laut La Rue nicht notwendig, denn Grundrechte und auch die Bedingungen für deren Einschränkung seien in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte klar definiert. Anriette Esterhuysen, Chefin der Association for Progressive Communications (APC), empfahl, die Durchsetzung der bestehenden Rechte zu forcieren, etwa indem die Mitgliedsländer regelmäßig überprüft würden. (jub)