One Size Fits All?

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Von
  • Ingo T. Storm

One Size Fits All?

Microsoft hat auf dem Mobile World Congress die Hosen runtergelassen: Jeder darf jetzt Windows 8 herunterladen und ausprobieren. Toll: Ein neues Windows, das einem nicht größer und langsamer vorkommt als der Vorgänger! Das gab’s mit Windows 7 zum ersten Mal, aber wer hätte gedacht, dass Microsoft das noch einmal schafft? Windows 8 bootet sogar in Windeseile und läuft auf sehr vielen aktuellen Rechnern ohne Probleme. Ich bin beeindruckt.

Wäre da nicht die Metro-Oberfläche ... Das Kachel-Design, das Windows Phone Eleganz verleiht, springt einem auf einem 22-Zoll-Schirm geradezu ins Gesicht. Und dort hinterlässt es ein sehr großes Fragezeichen. Ist Metro ein mutiger Schritt in die Zukunft, so wie die Einführung der Ribbons in Microsoft Office?

Ich halte diese Taktik für töricht. Microsoft besitzt seit fast 30 Jahren bei den PC-Betriebssystemen einen Marktanteil in der Größenordnung sozialistischer Wahlergebnisse. OS/2? Geschichte! (Und eine ganz traurige noch dazu.) Mac OS? Unter 10 Prozent. Linux? 20 Jahre Zukunft und immer noch nicht der Rede wert. Zusammenfassung: Da gibt es also etwas, was Microsoft wirklich kann: Betriebssysteme für Schreibtischcomputer bauen. Und seit Windows 7 meckern nicht einmal mehr die Journalisten.

Die andere Seite der Microsoft-Medaille rostet währenddessen vor sich hin. Fast 20 Jahre lang versuchten Bill Gates und Steve Ballmer, Windows auf wirklich jede CPU zu bekommen, egal wie groß oder wie klein sie ist. Vom Server-Kuchen hat Microsoft dann auch ein ordentliches Stück abgebissen. Geradezu erbärmlich lief es dagegen bei den kleinen Prozessoren: Da gab es Modular Windows, Mobile Windows, Windows Mobile, Pen Windows und WinPad - von der Waschmaschine über Handhelds und Notebooks bis zu den ersten Tablet-PCs. Alle sind gescheitert. Windows CE hatte nach einer grausamen Kindheit eine passable Pubertät - und muss weichen, bevor es erwachsen geworden ist.

Denn Windows Phone wurde zwar mit einem Windows-CE-Kernel geboren, bekommt aber allem Anschein nach den Windows-8-Kernel transplantiert. Klingt logisch, denn Windows Phone 7 war ohnehin nicht mehr als ein schickes Versprechen. Windows Phone 7.5 löst einige dieser Versprechen ein. Erst Windows Phone 8 greift Apple und Google dann richtig an - hofft Microsoft. Wer’s glaubt ...

Gleichzeitig stülpt Microsoft nämlich die Oberfläche des mäßigen Telefon-Windows dem sehr erfolgreichen Schreibtisch-Windows über, damit das Schreibtisch-Windows auch als Tablet-Windows ein Hit wird - und dazu braucht es eine Touch-Oberfläche. Am Ende der Entwicklung stehen EIN gemeinsamer Kernel und EINE gemeinsame Oberfläche vom Handy bis zum Monster-Server.

Dabei weiß doch jeder: "One Size Fits All" stimmt nie. (it)