Aktuelle Entscheidungen zum Vorsteuerabzug

Der Bundesfinanzhof hat zwei aktuelle Entscheidungen veröffentlicht, die sich mit den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs beschäftigen. Das spannendste Urteil steht allerdings noch aus.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Fall 1: Vorsteuerabzug einer Holding

Eine Holdinggesellschaft, die nachhaltig Leistungen erbringt und in Rechnung stellt, ist wirtschaftlich tätig und gilt damit als Unternehmer. Verfügt die Holding über umfangreiche Beteiligungen, die keinen Bezug zu ihrem eigentlichen Tätigkeitsschwerpunkt haben, kann das zu Komplikationen führen.

Dann darf das Finanzamt nämlich davon ausgehen, dass die eigentlichen Leistungen nur Neben- und das Halten der Beteiligungen der Hauptzweck sind. Ist das der Fall, ist die Holding gemäß § 15 Abs. 4 UStG höchstens zum hälftigen Vorsteuerabzug aus den Gemeinkosten berechtigt, wie der Bundesfinanzhof bestätigt hat (Urteil vom 9.2.2012, V R 40/10). Das Finanzamt hatte der klagenden Holding sogar einen Vorsteuerabzug von 75 Prozent zugebilligt, die Klägerin wollte 100 und ist mit dieser Forderung gescheitert.

Damit ist allerdings auch endlich ein jahrelanger Streit vom Tisch. Vereinfacht ausgedrückt, ging es dabei um die Frage, ob eine Holding, die nichts produziert, die Vorsteuer für Gemeinkosten wie Löhne, Gehälter, Gebäudekosten etc. abziehen darf. Und wenn ja, in welchem Umgang. Denn das Halten von Beteiligungen ist steuerrechtlich keine wirtschaftliche Tätigkeit und unterliegt damit auch nicht der Umsatzsteuer. Was wiederum zur Folge hat, das die Vorsteuer (teilweise) nicht abzugsfähig ist.

Holdinggesellschaften, die neben dem Halten von Beteiligungen auch Dienstleistungen erbringen, gingen bisher davon aus, zum uneingeschränkten Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Das sah das Finanzamt anders und der Bundesgerichtshof hat die Beschränkung nun bestätigt.

Fall 2: Umsatzsteuer beim Verkauf kritischer Forderungen

In diesem Fall ging es darum, ob der Käufer von zahlungsgestörten Darlehensforderungen ("non-performing loans") gegenüber dem Verkäufer der Forderungen eine umsatzsteuerpflichtige Leistung erbringt. Das Finanzamt ging unter Berufung auf die sogenannte Factoring-Rechtsprechung des EuGH davon aus.

Der V. Senat des Bundesfinanzgerichts hatte allerdings Zweifel und richtete ein Vorabentscheidungsersuch an den Europäischen Gerichtshof. Denn hier würden zwar die Forderungen ähnlich wie beim Factoring durch den Käufer eingezogen, so dass eine steuerpflichtige Inkassoleistung vorliegen könnte. Fraglich sei aber, ob dies als Leistung gegen Entgelt gewertet werden dürfe. Im Hinblick auf die hohe Differenz zwischen Kaufpreis und Nennwert der Forderungen und die damit verbundene Risikoübernahme könnte auch eine "nicht steuerbare" oder "steuerfreie" Tätigkeit des Forderungserwerbers vorliegen.

Das hat der EuGH verneint – jedenfalls für Fälle, in denen der Kaufpreis dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderung entspricht. Das bedeutet, dass ein Abzug der Vorsteuer im Zusammenhang mit dem Kauf der Forderungen nicht möglich ist. Auch bei den Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Einziehung der gekauften Forderungen entstehen, ist der Käufer demnach nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (Urteil vom 26. Januar 2012, Az.: V R 18/08).

Fall 3. Vorsteuer aus Strafverteidigerkosten

Mit Spannung wird auch die Entscheidung zum Vorsteuerabzug bei Strafverteidigungskosten erwartet. Dazu hat der Bundesgerichtshof jedoch noch kein Urteil vorgelegt, sondern zu diesem Fall jetzt beim EuGH angefragt (Az. V R 29/10). So gibt es bereits Urteile, die besagen, das Steafverteidigungskosten absetzbar sind. Ob ein Unternehmen, dessen Inhaber und Mitarbeiter sich möglicherweise wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung strafbar gemacht haben, die Vorsteuer aus den dazugehörigen Kosten ebenfalls abziehen darf, ist umstritten.

Dafür spricht, dass die Kosten durchaus im Zusammenhang mit der Firma stehen, falls die vorgeworfenen Handlungen der Umsatzsteigerung des Unternehmens dienen sollten. Dagegen spricht allerdings auch, dass die Leistungen der Anwälte vor allem den persönlichen Interessen der Beschuldigten gelten. Das Interesse des Unternehmens an der Straffreiheit seines Inhabers bzw. der Mitarbeiter könnte dann nebensächlich sein. Für den Fall, das der Vorsteuerabzug zugelassen wird, soll außerdem geklärt werden, wer dazu berechtigt ist: Das Unternehmen oder der Beschuldigte. (masi)