Themenmolekül: Molekülkino

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Heute unter anderem mit verrückten Wissenschaftlern und gefesselten Blondinen, tödlichen Genomen und Kunst auf atomarer Ebene.

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Von
  • Peter Glaser

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Heute unter anderem mit verrückten Wissenschaftlern und gefesselten Blondinen, tödlichen Genomen und Kunst auf atomarer Ebene.

Auf meinen Expeditionen durch das Netz finde ich immer wieder bemerkenswerte Informations-Atome, die sich im Lauf der Zeit zu Themenmolekülen verbinden. Gelegentlich möchte ich an dieser Stelle solche Link-Gravitationswolken aus der Welt der fröhlichen Wissenschaft und Technologie vorlegen.

Bücherbilder: Die famose New York Public Library hat eine Auswahl wissenschaftlicher und medizinischer Illustrationen aus 700 Jahren digitalisiert – aus dem 13. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Zu sehen sind illuminierte Manuskripte, Gravuren, Lithografien und Fotos aus den Arealen der Astronomie, Chemie, Geologie, Mathematik, Medizin und Physik.

VISUAL DNA von Daniel A. Becker übersetzt den Gencode verschiedener Organismen in grafische Muster. Er besteht aus nur aus den vier Buchstaben C, G, T und A, die sich millionenfach kombinieren lassen und sich sehr unterschiedlich mit jedem Organismus entwickeln. Diese Unterschiede können aufgrund der Komplexität des Codes mit dem bloßen Auge kaum erkannt werden. VISUAL DNA analysiert den Quellcode und interpretiert ihn durch Farben und grafische Zeichen. Für jeden Organismus gibt es damit ein individuelles, ästhetisches und unverwechselbares Muster. VISUAL DNA interpretiert bestehende Gencodes in grafischer Form, und zwar die ersten 1050 Positionen des ersten Chromosoms. Die Gencodes stammen aus der Gendatenbank des National Center for Biotechnology Information, das als die größte frei zugängliche derartige Datenbank der Welt gilt.

Zeitschriften- und Reklame-Illustrationen aus Wissenschaft und Technik aus der Mitte des 20. Jahrhunderts: Schätze aus dem Flickr-Stream von sandiv999, etwa diese Reagenzgläser von Walter Bosshart für die Hauszeitschrift einer schweizer Papierfabrik (1960), die Umschlagzeichung für Esso Rivista von Max Spigai (1961), ein bunter Astronaut von TB Antoni für eine dänische Zeitung, ein Booklet über Karrieremöglichkeiten bei der Firma CIBA von Chermayeff + Geismar (1964) oder ein Plakat von C. Vanden Eynde für die belgische Fluggesellschaft Sabena – mit dem Atomium.

Archetypische und farbenfrohe, wenngleich etwas unwissenschaftliche Darstellungen, beispielsweise verrückte Wissenschaftler mit gefesselten Blondinen, Brünetten in Glasflaschen und einer Schwarzhaarigen in der Elektrolytlösung – Pulp Science Fiction Covers.

The Deadly Genomes: Größe und Struktur gefährlicher Bakterien und Viren, anschaulich auf einem Poster versammelt. Dazu als Bonus die Strukturdarstellung eines attraktiven wie auch hochkomplexen Antikörpers – Immunoglobulin G (IgG1).

Hier das Flaggschiff der russischen Polarforschung, die "Akademik Tryoshnikov", einmal infografisch aufbereitet und einmal in der Wikipedia beschrieben.

Lebensformen – Mathematische Skulpturen zu individuellen Biographien: Drüben bei Kooptech berichtet Christiane Schulzki-Haddouti von dem polnischen Künstler Norman Leto, der nach der Beantwortung eines etwa 100 Parameter umfassenden Fragebogens eine für jeden Menschen individualisierte mathematische Lebensform berechnet, die sich dreidimensional untersuchen lässt und Lebenslauf, emotionale Höhepunkte sowie Einfluss auf die Umgebung reflektiert.

Das Center for PostNatural History ist ein Museum und eine Forschungsbibliothek über neue Organismen, die gentechnisch oder durch konventionelle Züchtung hergestellt wurden, etwa den GloFish, einen patentierten genmodifizierten Zebrafisch, der fluoresziert. Cool an Naturkundemuseen ist, dass sie einem zeigen, wie die Natur sich im Lauf der Zeit verändert und an teils extreme Herausforderungen gepaß. Und nichts ist volatiler, extremer und herausfordernder als der Mensch. Von daher kann man es nur begrüßen, dass es nun auch ein Museum gibt, in dem das bewahrt wird, woran der Mensch bereits herumgepbastelt hat in Pflanzen, Tieren, dem Klima und generell der natürlichen Umwelt.

Combining Cinema and Biology: Ein TED-Talk über molekulare Animation. Während man diese Zeilen liest, sind Milliarden Körperzellen fleißig dabei, die eigene DNS-Information zu replizieren. Da Moleküle kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, können wir sie nicht direkt beobachten – aber wir können uns den gut erforschten Prozeß ausmalen. Drew Berry vom Walter and Eliza Hall Institute of Medical Research ist Biomedical Animator zeigt in einem Neunminutenvortrag den aktuellen Stand dieser Gattung der Animationakunst. Zu sehen ist eine akkurate visuelle Repräsentation des biologischen Prozesses auf der molekularen Ebene, sogar in der korrekten Geschwindigkeit. Weitere eindrucksvolle Bio-Animationen kann man unter WEHI-TV und im BioVisions Lab der Universität Harvard finden.

Molecular Art: Eine der maßgeblichen Inspirationen für die Arbeit von Drew Berry waren die großartigen wissenschaftlichen Illustrationen von David Goodsell, zu dem es hier und hier einiges an weiteren Informationen gibt. Eine Auswahl seiner Illustrationen ist hier zu sehen.

Cytogenetics Gallery: Die Pathologie an der University of Washington in Seattle bietet eine Online-Einführung in die Zytogenetik, die Untersuchung der Chromosomen und Chromosomen-Anomalien. Zweck dieser Zytogenetik-Galerie ist es, zu demonstrieren, wie Chromosomen unter dem Mikroskop aussehen und wie man Anomalien identifiziert. (bsc)