Laser gegen Terroristen

Forscher an der TU Wien haben ein neues Messverfahren entwickelt, das Explosivstoffe aus mehr als 100 Metern Entfernung erkennen kann.

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Forscher an der TU Wien haben ein neues Messverfahren entwickelt, das Explosivstoffe aus mehr als 100 Metern Entfernung erkennen kann.

Die Abwehr von Terroranschläge auf Flughäfen und öffentlichen Plätzen könnte in einigen Jahren einfacher werden: Forscher an der Technischen Universität Wien arbeiten an einem neuartigen Prüfsystem, das Chemikalien über große Distanzen detektieren und nachweisen kann. Die Grundidee: Laserlicht wird von unterschiedlicher Materie auf eine jeweils charakteristische Art gestreut. Dabei ändert sich die Lichtwellenlänge und damit auch die Farbe. Aus der konkreten farblichen Zusammensetzung des gestreuten Lichts lässt sich anschließend rekonstruieren, welches Material die Streuung angeregt hat. Ein "chemischer Fingerabdruck" ist auslesbar. Theoretisch lässt sich mit einer solchen Technik auch ein geschlossener Koffer auf seinen potenziellen Explosivstoffinhalt untersuchen – Sicherheitsbeamte müssten also weniger häufig hineinsehen, Scans würden ständig ablaufen, ohne Fluggäste auf dem Weg zum Gate zu stören.

Das von den Forschern am Institut für Chemische Technologien und Analytik entwickelte Verfahren basiert auf der sogenannten Raman-Spektroskopie. Diese Technik ist nicht neu, war aber bislang nur einsetzbar, wenn Laserquelle und Detektor sich sehr nah bei der Probe befanden. Durch eine Erhöhung der Messgenauigkeit und eine bessere Optik – ein leistungsfähiges Teleskop – geht dies nun auch auf Distanz. "Von hundert Millionen Photonen regen nur einige wenige überhaupt einen Raman-Streuprozess in der Probe an", erklärt der beteiligte Forscher Bernhard Zachhuber. Diese Streuung erfolgt aber in alle Richtungen. Dem Detektor reicht es aus, nur einen Bruchteil davon einzufangen.

In einigen Jahren könnten neuartige Prüfsysteme zum Standard werden – vielleicht auch am Berliner BER.

(Bild: Alexander Obst/Marion Schmieding/Flughafen Berlin Brandenburg)

In Zusammenarbeit mit dem österreichischen Bundesheer konnten Zachhuber und seine Kollegen ihr Verfahren bereits in der Praxis testen: So wurden auf einem abgesperrten Gelände Sprengstoffe wie ANFO, TNT oder Hexogen mit hoher Genauigkeit detektiert. "Selbst bei einem Abstand von über Hundert Metern lassen sich die Substanzen noch zuverlässig nachweisen", sagt Engelene Chrysostom, die an der TU Wien ebenfalls an dem Projekt beteiligt war.

Um auch geschlossene Container untersuchen zu können, bedarf es weiterer optischer Verfahren, um die Laserlichtstreuung des Behälters von der des Inhalts zweifelsfrei zu unterscheiden. Das gelingt laut dem TU-Wien-Professor Bernhard Lendl mit einer Methode aus der Geometrie. Der Laserstrahl treffe auf einem kleinen, fokussierten Punkt am Container auf, verbreitere sich dann im Inneren aber deutlich. Das Lichtsignal, das vom Behälter kommt, gehe also von einem geometrisch eng begrenzten Bereich aus, das schwache Lichtsignal des Inhalts werde dagegen von einem größeren Bereich ausgesandt. Richtet man das Messteleskop nicht genau auf die Laser-Auftreffstelle, sondern ein Stück entfernt, kann man laut Lendl das charakteristische Lichtsignal des Inhalts messen – und nicht das der Verpackung.

Das vom untersuchten Objekt gestreute Licht wird durch einen Spiegel fokussiert.

(Bild: TU Wien)

Das Verfahren der TU-Wien-Forscher könnte in neuer Sicherheitstechnik für Flughäfen ebenso verbaut werden wie in mobilen Systemen zur Probenentnahme unterwegs. Möglich sind aber auch Anwendungen außerhalb der Security-Branche. Da sich die Raman-Spektroskopie überall dort anbietet, wo auf größere Distanzen gemessen werden muss, wären beispielsweise auch geowissenschaftliche Untersuchungen von Bergen denkbar. Oder das Laser-System wird in den nächsten Mars-Rover eingebaut, um Gestein aus großer Entfernung auf seinen Wasserinhalt abzuscannen, als mühsam zu jedem Brocken fahren zu müssen, der interessant sein könnte.

Bernhard Zachhuber beim Montieren optischer Elemente des Spektrometers.

(Bild: TU Wien)

In einem nächsten Schritt wollen Lendl, Zachhuber, Chrysostom und ihre Kollegen ihr Messverfahren weiter miniaturisieren – noch benötigt die Laserausrüstung relativ viel Platz. Wann mit einer Vermarktung zu rechnen ist, lässt sich derzeit noch nicht sagen – die TU Wien hat das Verfahren aber bereits zum Patent angemeldet. Zu den Interessenten gehört unter anderem die spanische Polizeibehörde Guardia Civil. (bsc)