Deutsche Journalisten stehen dem Web 2.0 noch sehr abwartend gegenüber

Nach einer Umfrage glaubt die Mehrheit der Journalisten an die Zukunft der Tageszeitung, aber weniger an die der Verlage.

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Von
  • Thomas Pany

Für deutsche Journalisten hat die Revolution mit dem Namen Web 2.0 noch nicht stattgefunden: Nur 7 Prozent der befragten Journalisten fühlen sich vom Web 2.0 herausgefordert, und als richtig relevant werden Blogs, Podcasts und Social Software nur von 30 Prozent der deutschen Medienschaffenden eingestuft. Die Mehrheit (52 Prozent) der 1.195 Journalisten, deren Antworten für die Media Studie 2007 der dpa-Tochter News aktuell ausgewertet wurden, bescheinigt den Web 2.0-Angeboten nur geringe Relevanz für die journalistische Arbeit. Das Alter der befragten Journalisten lag zu mehr als zwei Dritteln zwischen 30 und 50 Jahren.

Als "gesunden Realismus" gegenüber dem Hype, der andernorts die Gespräche über das Web 2.0 dominiere, bezeichnet News aktuell die Haltung der Journalisten. Was den eigenen Arbeitsbereich anbelangt, stünden sie den neuen Trends im Web noch sehr abwartend gegenüber, so ein Fazit der Studie. Sehr deutlich zeigt sich dies an der aktiven Teilnahme der Journalisten am Netz 2.0. So gaben 12 Prozent an, dass sie selbst ein Blog schreiben; 13 Prozent kommentieren in Blogs. Das von den Befragten meistgelesene Blog ist übrigens das Bildblog (71 Mal genannt), gefolgt vom Blog des bildblog-Autors Stefan Niggemeier.

Fünf Prozent der Journalisten gaben an, dass sie Blogs häufig zur Themenfindung nutzen, die meisten tun dies aber nur gelegentlich (20 Prozent) oder eher selten (30 Prozent). Die Werte für die Nutzung von Blogs als journalistische Quelle sind geringfügig niedriger (3 Prozent gaben "häufig" an, 15 Prozent "gelegentlich", 30 Prozent "eher selten". Podcasts werden noch schlechter wahrgenommen, 65 Prozent der Befragten nutzen dieses Medium nicht zur Themenfindung. Blogs würden aber als Stimmungs- und Meinungsindikatoren geschätzt, so die Studie; 27 Prozent der Journalisten sehen in der Meinungsvielfalt der Blogs "Chancen bei der Nutzung von Blogs in der Redaktionsarbeit". Beinahe erwartungsgemäß zeigt sich in der Studie, was viele Journalisten schreiben: dass es Blogs an Glaubwürdigkeit mangelt (27 Prozent) und dass journalistische Standards fehlen (26 Prozent). 16 Prozent fehlt das Vertrauen. Was den Bürgerjournalismus angeht, so geben sich die Journalisten entspannt: Für 41 Prozent ist er eine Bereicherung für den klassischen Journalismus.

Die Frage nach der Zukunft der Tageszeitungen löst bei den Journalisten nicht gerade lähmende Angst aus: 46 Prozent sind davon überzeugt, dass es auch in zehn Jahren Tageszeitungen in der heutigen Form gibt, 21 Prozent glauben gar an eine Renaissance der gedruckten Zeitung. Bei keiner anderen Frage der Studie finden sich so viele Antworten außerhalb der vorgegebenen Kategorien, die meisten Antworten beinhalten Verbesserungsvorschläge. Kein Wunder, setzt die große Mehrheit der Journalisten (81 Prozent) doch auf die Tageszeitung als wichtige Informationsquelle und halten mehrheitlich (66 Prozent) die Verlage und Medienunternehmen für die digitale Zukunft nur "schlecht" bis "mäßig" gerüstet. Die positive Bewertung der Zeitung mag daran liegen, dass 59 Prozent der Studienteilnehmer im Printbereich tätig sind (19 Prozent arbeiten für ein Onlinemedium und 21 Prozent für Hörfunk, Fernsehen oder sonstige Medien).

43 Prozent räumen den Verlagen gegenüber Google, Yahoo und anderen nur wenig Chancen oder Einfluss ein. 36 Prozent glauben, dass der Einfluss der klassischen Verlage abnimmt, und 7 Prozent gaben an, dass die Verlage gegen Google und Co. keine Chance haben. (tpa/Telepolis) / (fr)