China: Internetsperren und Festnahmen nach Putschgerüchten

Die Sperrung erfolgte offenbar durch private Anbieter selbst, die vom Regime in Peking unter starken Druck gesetzt wurden.

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Von
  • dpa

In China sind mehrere Internetseiten wegen der Verbreitung von Gerüchten über politische Unruhen im Land gesperrt worden. Zudem wurden sechs Menschen festgenommen wie staatliche Medien am Samstag weiter meldeten. Zuvor war im Netz berichtet worden, Militärfahrzeuge seien in die Hauptstadt Peking gerollt. Neben 16 Internetseiten wurden auch die Kommentarfunktionen der beiden beliebtesten chinesischen Dienste für Kurznachrichten im Netz, Sina und Tencent, bis zum 3. April gesperrt, wie die Anbieter auf ihren Seiten mitteilten.

Einige internationale Medien berichteten von Gerüchten über einen möglichen Putschversuch. Klare Anzeichen für eine ungewöhnliche Truppenbewegung in Peking lagen seit Beginn der Gerüchte in der vergangenen Woche aber nicht vor.

Grund für die Sperrung sei nach Angaben von Tencent die Verbreitung "schädlicher Informationen". Die Aktion sei angeordnet worden wegen der "ungesunden sozialen Auswirkungen der Gerüchte und anderer illegaler Informationen", die verbreitet worden waren, teilte Tencent weiter mit. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua zitierte einen Regierungssprecher, wonach Sina und Tencent für die Verbreitung politischer Gerüchte "kritisiert und bestraft" worden seien.

Die Gerüchte folgen einem langen Tauziehen um Chinas neue Führungsgeneration. Mitte des Monats hatte das Zentralkomitee den Spitzenpolitiker und Parteichef der Metropole Chongqing, Bo Xilai, abgesetzt. Beobachter werteten den Sturz des mächtigen Politbüromitglieds als Indiz für einen Richtungs- und Machtkampf hinter den Kulissen der Partei.

Feinde des Internet (schwarz) und Länder unter Beobachtung (rot).

(Bild: RoG)

Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RoG) hatte erst vor zwei Wochen am Welttag gegen Internet-Zensur ihren Bericht (PDF) über die Feinde des Internets vorgestellt, zu denen nach Auffassung der RoG China an vorderster Front zu nennen sei. So habe das Land im vergangenen Jahr die Internet-Überwachung deutlich verstärkt. Zudem übe das Regime massiven Druck auf private Internetfirmen aus, damit diese sie bei der Zensur unterstützen.

EU-Kommissarin Neelie Kroes hatte Ende vergangen Jahres angekündigt, eine No-disconnect-Strategie gegen Internet-Sperren durch totalitäre Systeme entwickeln zu wollen. Sie war dabei jedoch selbst in die Kritik geraten, weil sie den ehemaligen deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zu ihrem Berater und Botschafter für die Freiheit im Internet berufen hatte. (tig)