Drucker-Markt: Ein totes Pferd kann man nicht reiten

Der angekündigte Abschied von Lexmark aus dem Marktsegment der Tintenstrahldrucker für Consumer zeigt vor allem eins: Hier zerfällt gerade ein Geschäftsmodell, welches den Herstellern in früheren Jahren satte Gewinne beschert hat.

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Von
  • Damian Sicking

Lieber Canon-Geschäftsführer Jeppe Frandsen,

Canon-Geschäftsführer Jeppe Frandsen

(Bild: Canon)

lange Zeit ging die Rechnung für die Drucker-Hersteller wunderbar auf: Nach dem sogenannten "Rockefeller-Prinzip" (Sie wissen schon: die Sache mit den Öllampen) verkauften sie den Konsumenten ihre Tintenstrahldrucker für billiges Geld und verdienten anschließend prächtig an dem teuren Verbrauchsmaterial, vor allem der Tinte. Doch die Zeiten haben sich geändert. Zwar sind die Drucker noch immer spottbillig. Aber inzwischen kosten auch die Tintenpatronen nicht mehr viel – eine Folge des enormen Preisdrucks im Markt, der vor allem von den "Generikaherstellern" unter den Tintenanbietern (also unabhängigen Anbietern wie Pelikan) befeuert wird. Mit anderen Worten: Die Rechnung der Hersteller geht nicht mehr auf. Das Geschäft wird für sie immer schwieriger und uninteressanter.

Einstiegstintenstrahldrucker sind noch immer billig. Das Canon-Gerät Pixma iP2700 gibt es bei Online-Shops bereits für weniger als 40 Euro. Dass es noch billiger geht, zeigen Epson und HP. Der Epson Stylus S22 (24-Seiten pro Minute) zum Beispiel kostet im einschlägigen Online-Handel nur 32,50 Euro und für den HP Deskjet 1000 (16-Seiten) zahlt der Kunde sogar nur 27,50 Euro – alle Angebote inklusive Mehrwertsteuer versteht sich!

Sehr unangenehm für die Hersteller, dass auch die Preise für Tintenpatronen inzwischen auf einem Niveau angelangt sind, welches vor wenigen Jahren noch den unabhängigen Anbietern vorbehalten war.

Jetzt hat einer der aggressivsten Druckeranbieter der vergangenen Jahre in diesem Einstiegssegment entschieden, die Reissleine zu ziehen und sich aus dem Consumer-Segment nach und nach zu verabschieden: Lexmark. Der Rückzug soll nach und nach erfolgen, Branchenbeobachter wollen aber erfahren haben, dass Lexmark das MSH-Vertriebsteam bereits aufgelöst haben soll, was der Hersteller indes bestreitet.

Lexmark will sich künftig auf den B2B-Markt konzentrieren und springt auch auf den Zug der Business-Inkjet-Modelle auf, der bisher von Epson und HP angeschoben wird. Zudem stärken die Amerikaner ihr Software-Business. Jüngstes Beispiel ist die Übernahme des Softwareunternehmens BDGB Enterprise mitsamt deren Tochter Brainware vor wenigen Wochen.

Lieber Herr Frandsen, ich habe den Eindruck, dass der angekündigte Rückzug von Lexmark aus dem Consumer-Markt ein Indiz dafür ist, dass hier gerade ein Geschäftsmodell zusammenbricht. Motto: Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab! Jetzt frage ich mich natürlich, wie lange Canon noch auf dem alten Klepper hocken bleiben wird? Oder ist das Pferd, auf dem Sie sitzen, noch gar nicht tot?

Beste Grüße!

Damian Sicking

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