Bürgerrechtler kritisieren Ergebnisse der EU-Biometrie-Studie

Die Bürgerrechtsorganisation Statewatch wirft den Autoren vor, wirtschaftlichen Interessen der EU einen sehr viel größeren Stellenwert eingeräumt zu haben als etwa Aspekten des Datenschutzes oder der Zuverlässigkeit von biometrischen Erkennungssystemen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Bürgerrechtsorganisation Statewatch hat die Kernaussagen der jüngst veröffentlichten Biometrie-Studie der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (JRC) scharf kritisiert. Die Ergebnisse des 166-seitigen Berichts mit dem Titel "Biometrics at the Frontiers: Assessing the Impacts on Society" (PDF) ließen sich nur mit einer "technikgläubigen Sichtweise" der Autoren erklären, teilte Statewatch am heutigen Montag mit. Die Bürgerrechtler bemängeln vor allem, dass in dem Report wirtschaftlichen Interessen der EU ein sehr viel größerer Stellenwert eingeräumt werde als etwa Aspekten des Datenschutzes oder der Zuverlässigkeit von biometrischen Erkennungssystemen.

In der Studie hatten die Autoren ein überaus positives Bild vom Einsatz biometrischer Systeme bei der Identitätsüberprüfung gezeichnet. Sie kamen zu dem Schluss, dass mit der Aufnahme zusätzlicher biometrischer Merkmale in die Pässe, Visa und Aufenthaltstitel ab 2006 die biometrische Erkennung anhand von Fingerabdruck, Iris oder Gesichtsbild im täglichen Leben einen immer selbstverständlicheren Platz einnehmen werde. Die Bürger würden sich auf Reisen daran gewöhnen, und die Erfahrungen mit der Bequemlichkeit und Sicherheit würden zur Verbreitung der biometrischen Identifizierungs- und Authentifizierungsverfahren in die Alltagsanwendungen führen. Das Ergebnis sei die Entstehung eines neuen prosperierenden Industriezweiges in Europa.

Statewatch wirft den Verfassern vor, sie hätten nahezu vorbehaltlos den industriepolitisch gewünschten "Diffusionseffekt" biometrischer Anwendungen in den Mittelpunkt gerückt, obwohl in der Studie auch darauf hingewiesen wird, dass viele biometrische Erkennungssysteme noch in der Entwicklungsphase sind und einheitliche Standards sowie verlässliche Informationen zum großflächigen Einsatz von biometrischen Systemen weiterhin fehlen. "Es ist ein schlechter Report, weil er das Profitdenken von Unternehmen über die Freiheit und das Recht der Bürger auf Datenschutz stellt", resümiert Statewatch-Direktor Tony Bunyan. (pmz)