Kinderpornos als Argument für Usenet-Sperre

Kanadas größter Internet-Provider Rogers Yahoo! schließt zum 15. Dezember seinen Usenet-Dienst.

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Kanadas größter Internet-Service-Provider (ISP) Rogers Yahoo! schließt zum 15. Dezember seinen Usenet-Dienst. Viele Rogers-Kunden sind aufgebracht. Weder erhalten sie zum Ausgleich einen Preisnachlass, noch hat Rogers sie darüber informiert. Die Sperre des Zugangs zu den outgesourcten Usenet-Servern wurde lediglich in den FAQ vermerkt. Als Argumente für die Einsparungsmaßnahme bemühte Rogers zunächst die angeblich geschwundene Bedeutung des Usenets sowie den eigenen Kampf gegen Kinderpornografie: "Als Mitglied der Canadian Coalition Against Internet Child Exploitation (CCAISE) ist Rogers verpflichtet, die Effektivität des Usenets als Verbreitungsmittel von Kinder ausnutzenden Bildern zu reduzieren."

CCAISE kämpft in der Tat gegen Kinderpornografie im Netz. Von einer Einstellung des Zugangs zu Netzen, über die solches Material vertrieben wird, zum Beispiel dem World Wide Web, E-Mail oder eben dem Usenet, ist in den Dokumenten der Organisation aber keine Rede. Gerade im Usenet ließe sich leicht unterscheiden zwischen reinen Text-Newsgroups und solchen, die beliebige Dateien enthalten können (Binary Groups). Inzwischen stützt sich Rogers nur noch auf das Argument der geschwundenen Bedeutung. Angesichts des stark gewachsenen Usenet-Verkehrs von 4,5 Gigabyte (Ende 1996) auf aktuell durchschnittlich 2 Terabyte pro Tag stößt dies bei den Usern auf Unverständnis. Tatsächlich dürfte lediglich der Prozentsatz der Usenet-User unter den Netizens gefallen, die absolute Userzahl aber gestiegen sein.

Der ISP stellt mit den empfohlenen Alternativen unter Beweis, dass er das Usenet nicht versteht. Er empfiehlt Blogs, Instant Messaging, Webforen und persönliche Webseiten – allesamt vom Co-Branding-Partner Yahoo. Wer wirklich Zugang zum Usenet wolle, möge doch beim bisherigen Rogers-Partner Giganews einen kostenpflichtigen Zugang lösen. Angst vor einer Kündigungswelle hat Rogers nicht. In seinen Regeln über die akzeptable Nutzung findet sich seit dem 15. Februar der Hinweis, dass Rogers den Zugang zu jeder Newsgroup jederzeit sperren könne. Kaum ein Kunde dürfte dies jedoch als Freibrief für die komplette Service-Einstellung verstanden haben. Dass der ISP kürzlich auch die Übertragungsraten auf Ports, die standardmäßig von P2P-Software genutzt werden, drastisch reduziert hat, steigert den Unmut vieler Kunden zusätzlich.

Siehe dazu auch:

(Daniel AJ Sokolov) / (ola)