Urteil in Sachen Musikindustrie gegen heise online

In dem Rechtsstreit von acht Unternehmen der Musikindustrie gegen den Heise Zeitschriften Verlag liegt jetzt das schriftliche Urteil des Landgerichts München I vor.

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Von
  • Joerg Heidrich

In dem Rechtsstreit (Az. 21 O 3220/05) von acht Unternehmen der Musikindustrie gegen den Heise Zeitschriften Verlag liegt seit heute das schriftliche Urteil des Landgerichts München I vor. Anlass des Verfahrens war eine Meldung von heise online über die neue Version einer Software zum Kopieren von DVDs. Dieser Beitrag enthielt in der Originalversion neben einer kritischen Würdigung der Angaben des Softwareherstellers Slysoft auch einen Link auf die Website des Unternehmens.

Nach Ansicht der Münchener Richter hat heise online durch das Setzen des Links auf die Eingangsseite der Unternehmenspräsenz vorsätzlich Beihilfe zu einer unerlaubten Handlung geleistet und hafte daher als Gehilfe gemäß § 830 BGB wie der Hersteller selbst. Dem stehe nicht entgegen, dass ein Download der Software erst mit zwei weiteren Klicks möglich sei. Maßgeblich sei allein, dass die Leser der Meldung über den gesetzten Link direkt auf den Internetauftritt geführt werde. Auch sei es nicht relevant, dass die Leser das Produkt auch über eine Suchmaschine finden könnten. Durch das Setzen des Links werde das Auffinden "um ein Vielfaches bequemer gemacht" und damit die Gefahr von Rechtsgutverletzungen erheblich erhöht.

Der Verlag könne sich zur Rechtfertigung der Linksetzung nicht auf die Pressefreiheit durch Art. 5 des Grundgesetzes (GG) berufen. Diese finde in den entsprechenden Vorschriften des Urheberrechts eine wirksame Einschränkung und müsse im vorliegenden Fall gegenüber den Eigentumsinteressen der Musikindustrie zurückstehen.

Eine Abfuhr erteilte das Gericht der Musikindustrie bei ihren Bestrebungen, die weitere Veröffentlichung des umstrittenen Artikels zu verhindern. Die Rechteinhaber hatten in dem Verfahren zunächst sogar beantragt, dem Heise Zeitschriften Verlag generell zu verbieten, zu beschreiben, dass mit Hilfe einer namentlich benannten Software bestimmte Kopierschutzsysteme umgangen werden können. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der Antrag auf Hinweis des Gerichts dann jedoch auf das Verbot des streitgegenständlichen Artikels eingeschränkt. Doch auch diesen Antrag wies das Gericht in seinem Urteil zurück.

Dem Urteil zufolge handelt es sich bei der Tickermeldung weder um "Werbung im Hinblick auf den Verkauf verbotener Vorrichtungen" im Sinne von § 95a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) noch um eine Anleitung zur Umgehung technisch wirksamer Maßnahmen. Vielmehr sei diese Art der Berichterstattung durch die Pressefreiheit gerechtfertigt und liege auch im öffentlichen Interesse. Eine Beschränkung der Berichterstattung dahingehend, dass weder Produktnamen noch Hersteller oder jedenfalls nicht die von dem Produkt betroffenen Kopierschutzsysteme genannt werden dürften, würde zu weit in die Berichterstattungsfreiheit der Presse eingreifen.

Das Gericht setzte den Streitwert auf 500.000 Euro fest. Dies ergebe sich aufgrund der "ganz erheblichen Gewinnausfälle" der Musikindustrie sowie aus dem hohen "Angriffsfaktor" infolge der Bedeutung von heise online für die Information von IT-Interessierten. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben, sodass jede Seite die eigenen Kosten zu tragen hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Heise Zeitschriften Verlag prüft jetzt die Einlegung von Rechtsmitteln. (Joerg Heidrich)/ (cp)