Langsamer Fortschritt beim Powerline-Standard

Vergangene Woche hat die IEEE ein Dutzend Vorschläge für Vernetzung über Stromleitungen unter die Lupe genommen, doch ein internationaler Powerline-Standard dürfte noch lange auf sich warten lassen.

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Nach den ersten Anläufen kleinerer und größerer Stromnetzbetreiber anno 2000 und 2001 ist es um die Nutzung der Stromleitungen für schnelle Internetzugänge mittels PLC (Powerline Communications) auf der letzten Meile hierzulande recht still geworden. Mit niedrigen Datenraten im einstelligen Megabit/s-Bereich, die sich mehrere Teilnehmer an einem Stromkasten auch noch teilen mussten (Shared Medium), war gegen den seinerzeit von der Telekom forcierten DSL-Ausbau nicht anzukommen. Seitdem hat die Powerline-Technik deutlich dazugelernt: Heute sind für die Heimvernetzung Adapter erhältlich, die brutto bis zu 200 MBit/s schaffen. Diese Technik wollen die Hersteller nun auch in den Access-Bereich drücken.

Um diesen Markt zügig zu erschließen, soll das US-amerikanische Normungsinstitut IEEE einen internationalen Standard etablieren. Damit ist die Arbeitsgruppe P1901 beauftragt. In der vergangenen Woche traf sie sich in Edinburgh, um vier technische Vorschläge für den Last-Mile-Zugang zu begutachten. Die Implementierungen kommen aus dem HomePlug-Lager um Intellon, von Panasonic, der durch das EU-Projekt OPERA geförderten, vom Entwicklerhaus DS2 entworfenen UPA-Technik sowie von Mitsubishi. Ferner warf die Arbeitsgruppe einen Blick auf vier Implementierungen für die Inhaus-Vernetzung; drei kommen wiederum von Intellon, DS2 und Panasonic. Die vierte Lösung stammt vom Powerline-Newcomer Hisilicon. Der IC-Entwickler wurde anno 2004 bei Huawei ausgegliedert. Schließlich sah die Agenda des Meetings vier Lösungen für einen Koexistenzmechanismus (CX) vor. Er soll sicherstellen, dass sich unterschiedliche Powerline-Systeme im selben Stromnetz nicht über Gebühr stören. Dafür präsentierten vier Parteien ihre Vorschläge, neben Intellon und DS2 traten dabei das britische Entwicklerhaus Siconnect und der Berater Telcordia auf den Plan.

Angesichts der Flut von Implementierungsvorschlägen dürfte die Arbeitsgruppe vor einem langwierigen Auswahlprozess stehen, ähnlich wie beim nächsten WLAN-Standard 802.11n, dessen Ratifizierung von Treffen zu Treffen nach hinten verschoben wurde. Als wesentliches Ergebnis des Edinburgher Treffens konnte Siconnect verkünden, dass deren Quality-of-Service-fähiger Koexistenzmechanismus für nähere Begutachtung beim nächsten Treffen im Oktober ausgewählt wurde. Die QoS-Fähigkeit ist dabei besonders gefragt, weil die schnelle Powerline-Technik auch für ruckelfreie Video-Übertragung zum Einsatz kommen soll.

Aufgrund des Funk-Störpotenzials ist PLC umstritten, denn es überträgt die Daten mit einem Hochfrequenzsignal, das auf die Stromleitung gelegt wird. Stromkabel sind für Hochfrequenztransport prinzipiell schlecht geeignet, weil sie das Signal zum einen stark dämpfen und zum anderen einen Teil der Energie abstrahlen. Das kann Funksysteme stören, die den Kurzwellen-Frequenzbereich (typisch 2 bis 32 MHz) nutzen. Darunter können nicht nur Funkamateure leiden, sondern auch BOS-Dienste oder Radiohörer, die die digitale Rundfunktechnik DRM erproben. So musste sich beispielsweise die Linz AG wegen ihrer PLC-Installation verantworten. (ea)