Facebook-Pinnwand: Abmahnung für fremdes Foto

Ist ein Facebook-Nutzer mit offener Pinwand ein Diensteanbieter? Von der Beantwortung solcher und anderer Fragen hängt es ab, ob er für Rechtsverletzungen Dritter, die an seine Pinwand posten, geradestehen muss.

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Abmahner haben offensichtlich eine neue Nische für ihr Treiben gefunden: Ein Facebook-Nutzer soll für ein Bild geradestehen, das ein anderer Anwender auf seiner Pinnwand veröffentlicht hat. Oder, wie es der Rechtsanwalt Arno Lampmann in einem Weblog-Eintrag ausdrückt, für die "öffentliche Zugänglichmachung eines Lichtbilds". Lampmanns Mandant solle das Foto sofort entfernen, eine mit einer Vertragsstrafe bewehrte Unterlassungserklärung abgeben, über die Dauer der Nutzung des Lichtbilds Auskunft geben und Schadenersatz zahlen.

Lampmann vermutet, dass der Abmahner von einer ARD-Sendung inspiriert worden sein könnte. Der ARD-Ratgeber Internet hat sich nämlich in seiner Ausgabe vom 31. März mit der Thematik befasst. Darin hieß es: "Wenn es auf der eigenen Facebook-Seite zu Beleidigungen, Unterstellungen oder anderen Rechtsverletzungen kommt, wie etwa durch das Einbinden eines urheberrechtlich geschützten Videos oder das Hochladen eines nicht freigegebenen Fotos, dann haftet dafür auch der Seitenbetreiber als sogenannter Störer. Wenn er bei Kenntnisnahme der Verletzung untätig bleibt, ist er dran."

Hier setzt die Analyse von Thomas Stadler an, Fachanwalt unter anderem für IT-Recht. Die Frage der Haftung für Inhalte, die Dritte veröffentlicht haben, sei gerichtlich noch ungeklärt. Stadler bietet vor diesem Hintergrund zwei Lösungsansätze an: Entweder sei der Facebook-Nutzer ähnlich haftbar wie ein Blogger, der Nutzerkommentare zulässt, oder allein Facebook sei der haftende Anbieter. Im ersten Fall komme eine Haftung aber nur dann in Betracht, wenn dem eingestellten Foto auch als Laie ohne Weiteres anzusehen sei, dass es Rechte Dritter verletzt. Obendrein könne der Facebook-Nutzer die Störerhaftung nur dadurch verhindern, dass er Postings Dritter generell sperrt. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof hätten aber Prüf- oder Handlungspflichten generell sehr kritisch gesehen, wenn sie den Kommunikationsprozess einschnüren. In diese Richtung müssten auch die Gerichte entscheiden, meint Stadler; abweichende Meinungen seien aber nicht auszuschließen.

Rechtsanwalt Henning Krieg meint, auch ein Facebook-Nutzer dürfe als ein Diensteanbieter gelten, wenn Dritte auf dessen Pinnwand Inhalte einbinden können. Ein Diensteanbieter hafte aber nicht für fremde Inhalte, "wenn er keine Kenntnis von dem rechtswidrigen Inhalt hatte, und er ihn unverzüglich entfernt, sobald er Kenntnis vom rechtswidrigen Inhalt erhält". Ein Facebook-Nutzer werde aber wohl häufig durchaus von fremden Postings auf seiner Pinnwand Kenntnis nehmen.

"Von einer Kenntnisnahme bei Facebook müsste man praktisch bei jedem beliebigen Posting ausgehen – denn darüber wird man über E-Mail benachrichtigt", schreibt Florian Wagenknecht im Weblog "Recht am Bild" . Er geht auch davon aus, dass ein Facebook-Nutzer verantwortlich ist, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt – sofern erkennbar sei, dass Rechte verletzt wurden. Und so wie Stadler meint auch Wagenknecht, "wenn die Dienstanbieter-Haftung oder die Störereigenschaft zu weit gefächert werden, so kommt man zu einem stark kommunikationsfeindlichen Ergebnis". Es gibt also noch einige Fragen vor Gericht zu klären.

Siehe dazu auch:

(anw)