Abmahnungen wegen Link auf Virtual-Dub-Homepage

Einem Internet-Dienstleister ist es gelungen, den Namen der populären Videobearbeitungssoftware als Marke anzumelden. Jetzt verschickt er Abmahnungen an Websites, die auf das Open-Source-Projekt verlinken.

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Von
  • Holger Bleich

Die Videobarbeitungssoftware Virtual Dub erfreut sich großer Beliebtheit. Viele Website-Betreiber verlinken auf ihren Seiten zur Homepage des Open-Source-Projekts. Einige erhielten genau deshalb dieser Tage eine Abmahnung des Unternehmens "Internet Dienstleistungen Kliemen". Dessen Chef Raimar Kliemen hat sich beim Deutschen Patent- und Markenamt kürzlich die Wortmarke "Virtualdub" gesichert und pocht nun auf die alleinigen Nutzungsrechte an dem Begriff.

Seine Abmahnungen verschickt der Internet-Dienstleister aus seiner angeblichen "Niederlassung 2" im tschechischen Karlovy Vary. "Sie bieten unter der Seite xyz.de ein Computerprogramm zum Download an, die meinen geschützten Markennamen hat", teilt er den Webmastern mit. Der angebliche Rechteverletzer soll eine Unterlassungserklärung abgeben sowie "Schadensersatz/Lizenzgebühr" in Höhe von 160 Euro überweisen. Aus Gründen der "Kostenminimierung" habe er auf die Beauftragung eines Rechtsanwalts in der Sache verzichtet, schreibt Kliemen in den Abmahnungen. "Bei einen Streitwert von 50.000 Euro" wären dem Empfänger dann nämlich "noch erhebliche Kosten entstanden".

Auf Nachfrage von heise online erklärte der Markeninhaber, es störe ihn, dass "große Webseiten" seinen Markennamen nutzten, um ein Konkurrenzprodukt bekannt zu machen: "Stellen Sie sich mal vor, jemand verlinkt auf seiner Seite den Namen Coca Cola zur Webseite von Pepsi, da werden die Verantwortlichen von Coca Cola aber im Dreieck springen." Sein Produkt sei "ein Programm, mit dem man nicht nur Videos schneiden und bearbeiten kann, sondern in nahezu jedes Format umwandeln kann".

Die 160 Euro seien "lediglich die Aufwandsentschädigung, die jedem zusteht, der eine Abmahnung schreibt", behauptete Kliemen ohne weitere Erläuterung. Entgegen den Angaben in der Abmahnung handle es sich nicht um geforderten Schadensersatz oder um Lizenzgebühren. Inzwischen könne er nachvollziehen, warum andere Markeninhaber Rechtsanwälte zum Schutz ihrer Rechte beauftragen. Diese "haben den Rücken frei und können sich auf das Tagesgeschäft konzentrieren."

Der auf Markenrecht spezialisierte Rechtsanwalt Martin Jaschinski aus der Berliner Kanzlei JBB Rechtsanwälte sagte auf Anfrage von heise online, es spreche einiges dafür, dass es sich hier um eine so genannte "böswillige Markenanmeldung" handle. Deshalb könne jedermann mit Aussicht auf Erfolg beim DPMA einen Antrag auf Löschung der Wortmarke aus dem DPMA-Register stellen. Zudem genieße der Hersteller der Software "Virtual Dub" aller Voraussicht nach für den Softwarenamen auch in Deutschland einen so genannten "Werktitelschutz", der älter und damit höher priorisiert sei. Treffe dies zu, sei eine vom Hersteller gewollte Verlinkung auf dessen Website unproblematisch.

"Die Empfänger von solchen Abmahnungen sollten sich entspannt zurücklehnen. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Markeninhaber in dem einen oder anderen Fall zunächst eine einstweilige Verfügung erwirkt. Falls er auf Widerstand trifft, wird er aber auf Dauer mit seiner Masche höchstwahrscheinlich keinen Erfolg haben. Wer lieber aktiv werden will, kann auch mit Gegenabmahnung und Androhung einer negativen Feststellungsklage reagieren", erläuterte Jaschinski. Völlig unklar sei auch, welcher Schaden durch die Verlinkung der Virtual-Dub-Homepage entstanden sein könne. Aus der Abmahnung gehe das nicht hervor. Vielmehr wirke der geltend gemachte Schaden als völlig "aus der Luft gegriffen". (hob)