Neuanfang für Scharlatane

Die Bad Godesberger Elisées-Klinik macht offenbar da weiter, wo die inzwischen geschlossene XCell-Klinik in Düsseldorf aufgehört hat: sie bietet zweifelhafte Stammzelltherapien für unheilbare Leiden an. Das muss schnellstens unterbunden werden.

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Die unrühmliche Geschichte über zweifelhafte Stammzelltherapien in Deutschland ist um eine weitere Wendung reicher: Wie zuerst das Biotech-Magazin Laborjournal und jetzt auch Spiegel Online berichteten, werden auch nach der Schließung der XCell-Centers in Düsseldorf (siehe TR 2/2012, S.88) riskante, wissenschaftlich unbewiesene und vor allem verbotene Behandlungen angeboten, diesmal in der privaten Bad Godesberger Elisées-Klinik. Das kommt wohl nicht von ungefähr, laut der Klinik-Webseite ist der Chefarzt der Abteilung für Anästhesie, Schmerztherapie sowie biologische und regenerative Medizin, Dr. Aladin Elsisi, ein alter Bekannter: Zuvor war er Chefarzt der Anästhesieabteilung und Experte für Diagnostik und Behandlung mit Stammzellen am XCell-Center.

XCell konnte jahrelang ungestört operieren und vier- bis fünfstellige Summen pro Behandlung kassieren, weil experimentelle Stammzelltherapien in der EU nicht der Zulassungspflicht unterlagen. Erst nachdem zwei Patienten starben, darunter ein 18 Monate altes Kind, erklärte das Paul-Ehrlich-Institut XCells obskure Behandlungen für schädlich und damit für verboten. Stammzell-Experten und Neurologenverbände hatten seit Jahren vergeblich gewarnt, dass die versprochenen Heileffekte nicht belegt sind. Inzwischen müssen Stammzelltherapien bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA beantragt werden.

Wie schon zuvor XCell verspricht auch die Elisées-Klinik, bisher unheilbare Krankheiten wie Alzheimer, Autismus, Multiple Sklerose oder Rückenmarksverletzungen mit Stammzellen behandeln zu können. Dafür würden die Stammzellen aus dem jeweils am besten geeigneten Reservoir im Körper des Patienten entnommen und etwa bei Rückenmarksverletzungen in die Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit im Rückenmarkskanal injiziert. Danach wandern die Zellen schon dahin, wo sie gebraucht werden und stoßen den Heilungsprozess an. Auch diese Klinik übt sich in schwammigen Formulierungen und betont, dass einige Patienten schon Stunden nach einer Behandlung Besserung verspürten, bei anderen funktioniere es eben leider nicht.
 Allerdings dürfte sie die Therapien gar nicht anbieten, denn die laut Informationen von Spiegel Online hat ihr die Bezirksregierung Köln bereits im Dezember 2011 untersagt, Stammzellen „herzustellen“, spricht zu gewinnen und damit auch zu verabreichen.

Das Pikante bei dem neuen Fall: Die Elisées-Klinik versucht offenbar, unter dem Radar zu fliegen. Auf den deutschen Webseiten ist keine Rede von Stammzellbehandlungen. Und genau wie von den Laborjournal- und Spiegel-Kollegen beschrieben zeigt die englische Webseite mit den vollmundigen Versprechen von deutschen Rechnern aus die Fehlermeldung „Forbidden – You don't have permission to access /treatments/spinal-cord-injuries/ on this server“. Von Rechnern mit ausländischer IP-Adresse lässt sie sich allerdings problemlos aufrufen.

Das ist schlicht unfassbar und gehört schnellstens unterbunden. Denn an der Faktenlage hat sich nichts geändert. Abgesehen von Knochenmarktransplantationen sind Stammzelltherapien nicht ausgereift. Wer etwas anderes behauptet, führt bewusst in die Irre. Es kann nicht sein, dass schon wieder eine deutsche Klinik mit den Hoffnungen von Angehörigen spielt und mit wissenschaftlich unhaltbaren Versprechungen den Anschein erweckt, eine Heilung sei mit diesen Methoden möglich. (wst)