Brother diversifiziert für mehr Wachstum

Hochleistungstintendrucker, Augmented-Reality-Brillen und Video-Konferenzsoftware sind erste Beispiele für unterschiedliche Marktsegmente, in denen Brother neue Geschäftsfelder erschließen will.

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Von
  • Matthias Parbel

Toshikazu (Terry) Koike, Global President and Chairman, Brother Industries (Japan)

"Back to Growth" lautet das Motto der Brother-Konzernstrategie für die nächsten Jahre. Nachdem das Unternehmen zuletzt mehrere Jahre in Folge rückläufige oder zumindest stagnierende Umsätze hinnehmen musste – das Geschäftsjahr 2011 wird mit 492 Milliarden Yen (ca. 5 Mrd. Euro) nur knapp über dem Niveau von 2005 liegen –, gibt Konzernchef Toshikazu Koike nun die neue Richtung vor: Diversifizierung bei Produkten und Services soll Brother neue zusätzliche Geschäftsfelder eröffnen und den Konzernumsatz bis 2015 auf 750 Milliarden Yen klettern lassen. Dabei bewegt sich das japanische Unternehmen durchaus auf vertrauten Pfaden. Denn das Produktspektrum von Brother war und ist stets vielschichtig. Es reicht aktuell unter anderem von den bekannten Druckern über Nähmaschinen bis hin zu Karaokesystemen. "Bei meinem Einstieg in die Firma vor gut 30 Jahren haben wir versucht, auch richtige Klaviere zu verkaufen", erinnert sich Deutschland-Geschäftsführer Lothar Harbich rückblickend an einen der weniger erfolgreichen Versuche, neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Augmented Reality von Brother: AiRScouter

Neue Wege betritt Brother nun mit "AiRScouter", einem mit dem gerade von Google vorgestellten "Project Glass" vergleichbaren Brillen-Display. Reif für den Massenmarkt ist "AiRScouter" zwar noch nicht, das Prototypstadium hat das Produkt indessen hinter sich. Seit dem 17. April befindet sich "AiRScouter" in Japan im Verkauf – in verschiedenen Pilotprojekten kommt das Brillen-Display dort bereits zum Einsatz, vor allem im industriellen Umfeld. Ebenfalls neues Terrain betritt der Konzern in Sachen Video-Conferencing. Nach der Übernahme der kalifornischen Firma Nefsis nimmt Brother nun unter der Bezeichnung OmniJoin eine weiterentwickelte Variante der ursprünglichen Web- und Video-Konferenz-Software ins Portfolio. Erklärtes Ziel sei es, die Kompetenzen im Bereichen Drucken und Scannen im Büroumfeld durch passende Services zu ergänzen. So erlaube OmniJoin auch nicht nur die Video-Kommunikation, sondern ebenso gemeinsames Arbeiten an Dokumenten. Brother wolle beim Vertrieb dieser Lösung auf die eigene Stärke im Bürofachhandelsumfeld vertrauen. Wie Paul Schalk, Leiter Produktmanagement bei Brother Deutschland, gegenüber heise resale einräumt, sei der Einstieg in den Web-Conferencing-Markt aber zunächst als Versuch der Diversifizierung zu verstehen.

Auf vertrautem Terrain bewegt sich Brother hingegen bei zwei weiteren Neuankündigungen: mobilen Scannern und Hochleistungstintendruckern. Die als Ersatz für leistungsstarke Lasersysteme ausgelegten Tintendrucker sollen Brother den Einstieg in neue Marktsegmente eröffnen – wobei sich der Konzern damit auch ein wenig von der lang gehegten Devise "Drucken am Arbeitsplatz (Brother at your side)" entfernt. Denn die neuen Systeme sind kaum noch für die Platzierung auf oder nahe dem Desktop geeignet. Die Größe wie auch die Lärmentwicklung beim Drucken von bis zu 100 Seiten pro Minute sprechen dagegen. Der Konzern positioniert sich mit diesen Tintendruckern allerdings im Konkurrenzumfeld neu. Denn laut GfK hatte der Hersteller 2011 hierzulande in puncto verkaufte Stückzahlen gegenüber den beiden wichtigsten Wettbewerbern Hewlett-Packard und Epson Boden verloren, hatte zumindest beim Umsatz aber einen stabilen dritten Platz halten können.

Die Markteinführung der neuen Tintendrucker soll zwar frühestens innerhalb der nächsten 12 bis 24 Monate erfolgen, Produktmanager Schalk ließ jedoch durchblicken, dass in enger Abstimmung mit den Vertriebspartnern durchaus auch schon in diesem Jahr erste Pilotprojekte auf den Weg gebracht werden könnten. Die Brother-Führung hofft, den mit A3-Tintendruckern am Markt erzielten Erfolg – hier war Brother Vorreiter, insbesondere bei den Multifunktionssystemen – an anderer Stelle fortführen zu können. So sieht auch der frisch gebackene Europachef Yuichi Tada im Ausbau der Marktanteile eine seine zentralen Herausforderungen. Im Visier hat der Brother-Manager dabei vor allem Konkurrenten wie Xerox oder Ricoh, aber auch von den durch die Umstrukturierung ausgelösten Verunsicherungen bei HP könne Brother profitieren.

Die deutsche Landesgesellschaft kann sich im Jubiläumsjahr unterdessen über gute Geschäftszahlen freuen. Brother war hierzulande vor 50 Jahren gestartet und kann für das abgelaufene Geschäftsjahr 2011/2012 ein vorläufiges Rekordergebnis von 365 Millionen Euro verkünden – nach 349 Millionen im Vorjahr (330 Mio. im Geschäftsjahr 2009/2010). Und nicht nur mit dem Umsatz zeigte sich Deutschlandchef Harbich rundum zufrieden, auch der Profit sei weiter gewachsen. So mache unter anderem das vor rund einem Jahr gestartete Leasing-/MPS-Geschäft erfreuliche Fortschritte. Circa 280 Verträge primär im SMB-Umfeld habe Brother in den letzten 12 Monaten abschließen können, betont Vertriebs- und Marketingleiter Matthias Kohlstrung: "Etwa 50 unserer Partner aus dem B2B-Segement beschäftigen sich inzwischen intensiv mit dem Leasing-Geschäft". Langfristig strebe Brother an, gut 5 Prozent der Hardware-Verkäufe über Leasing/MPS abzuwickeln. Davon ist der Hersteller heute jedoch noch weit entfernt, wie Kohlstrung einräumt – der Anteil liegt derzeit noch unter 1 Prozent. (map)