Bundesregierung weiter uneins über Vorratsdatenspeicherung

Am Donnerstag kommender Woche läuft eine von Brüssel gesetzte Frist zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung aus. Danach könnte die EU-Kommission die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Im Koalitionsstreit um die Vorratsdatenspeicherung gibt es weiterhin keine Einigung. Zwar sprachen am Mittwochabend Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) noch einmal über das Thema. Die Gespräche seien aber ergebnislos geblieben, erfuhr dpa. Man wolle weiter sondieren.

Am Donnerstag kommender Woche läuft eine von Brüssel gesetzte Frist zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung aus. Danach könnte die EU-Kommission die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen. In letzter Konsequenz drohen der Bundesrepublik Strafzahlungen in Millionenhöhe. Die Koalition streitet bereits seit Monaten darüber, wie eine Neuregelung aussehen könnte.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die alte, deutsche Regelung im März 2010 gekippt. Leutheusser-Schnarrenberger will mit ihrem sogenannten "Quick Freeze Plus" die Telefon-Verbindungsdaten nur bei einem konkreten Anlass speichern lassen, um sie den Ermittlern bei Bedarf zur Verfügung zu stellen. Für IP-Adressen von Computern sieht sie allerdings eine pauschale Speicherung von sieben Tagen vor. Dagegen :pocht Friedrich auf die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die eine generelle Speicherung von sechs Monaten vorsieht.

Das Politik-Blog Netzpolitik veröffentlichte mittlerweile Unterlagen, aus denen hervorgeht, was der Bundesinnenminister im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung alles über die Bürger wissen will. Dazu gehören etwa für Telefonanrufe und SMS, wer mit wem kommuniziert hat, welche Geräte genutzt wurden und welche Funkzellen die Kommunikation abwickelten. Für E-Mails will Friedrich wissen, wann wer mit wem mailte, welche IP-Adressen beteiligt waren und welche IP-Adressen beim Zugriff auf das Postfach genutzt wurden. Auch die Aktivisten vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zitieren relevante Stellen aus den Gesetzentwürfen von Justiz- und Innenministerium und kritisieren, dass beide Vorschläge noch weit über eine Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung hinausgingen.

Kanzlerin Angela Merkel besteht auf eine Einigung, will aber noch kein Machtwort sprechen. "Die Bundeskanzlerin wird das Ihre dazu beitragen, dass die Bundesregierung den Zustand erreicht, dass sie eine gemeinsame Position beziehen kann", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es bestehe immer auch die Möglichkeit eines Gesprächs mit der Kanzlerin, sagte er und deutete damit die Weisungsbefugnis Merkels an.

Der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, warf Friedrich vor, die Neuregelung zu verschleppen. "Leider hat sich das Bundesinnenministerium meinen Vorschlägen und denen des Justizministeriums verweigert", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Mögliche Verbesserungen für die Strafverfolgung, "die es schon längst hätte geben können", seien auf der Strecke geblieben. (jk)