Eine Box für alle

Der Ninja Block, ein kleines mit Sensoren und Elektronik vollgepacktes Gerät, soll das "Internet der Dinge" zur Alltagstechnologie machen.

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Von
  • Rachel Metz

Der Ninja Block, ein kleines mit Sensoren und Elektronik vollgepacktes Gerät, soll das "Internet der Dinge" zur Alltagstechnologie machen.

Das „Internet der Dinge ist eine Vision, die seit Jahren immer wieder propagiert wird : Alltagsobjekte werden mit platzsparender Elektronik versehen, um sich mit dem Netz zu verbinden und Daten zu übermitteln. Daten über die eigene Wohnung oder die Umwelt, die dann sinnvoll genutzt werden könnten. Doch über Forschungsprojekte und Konzeptstudien ist die Idee bislang nicht hinausgekommen.

Die stammten vor allem aus Universitäten und der Industrie. Die Entwickler Marcus und Madeleine Schappi und Mark Wotton wollen das Internet der Dinge nun jedoch für jeden zugänglich machen – mit Hilfe der so genannten Ninja Blocks.

Das sind kleine Kunststoffboxen, in denen jede Menge Elektronik und Sensoren stecken. Die Ninja Blocks können sich mit dem Internet verbinden und auf bestimmte Ereignisse hin vorab festgelegte Handlungen ausführen. Ein Beispiel: Ausgelöst durch den eingebauten Bewegungsmelder könnte ein Block ein Foto aufnehmen und über den Dienst Ninja Cloud sofort auf eine Facebook-Seite hochladen.

Ebenso könnte die kleine Box auch ferngesteuert das Licht im Kinderzimmer einschalten, wenn das Baby schreit, oder einen Alarm auslösen, wenn die Katze verbotenerweise aufs Sofa springt. Das sind nur drei von zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten: „Wahrscheinlich werden viele Leute gute Ideen dafür entwickeln, an die wir nicht mal im Traum gedacht haben“, sagt Marc Wotton, der mit den Schappis das Start-up Ninja Blocks gegründet hat.

Die Ninja Blocks sind Ausdruck einer fortschreitenden Demokratisierung der Computertechnik, die es immer mehr Menschen ermöglicht, Geräte zu steuern, ohne gleich die zugrundeliegende Programm kennen müssen. Wotton war von dem populären Arduino-Controller inspiriert. Das ist eine offene Steuerhardware, die inzwischen eine große Fangemeinde von Bastlern und Elektronik-Freaks in aller Welt hat. Mit ihr werden etwa die populären 3D-Drucker zum Selbstbauen vom Typ „Mendel“ – entwickelt an der University of Bath – angesteuert. Wotton fand jedoch, dass der Umgang mit einem Arduino noch leichter sein könnte.

Ein zweiter Anstoß, der in die Blocks einfloss, ist die Webseite ifttt, kurz für „if this, then that“. Auf ihr können Nutzer auf simple Weise Ablaufpläne für Aufgaben einstellen, die durch bestimmte Ereignisse ausgelöst werden sollen. Eine Programmiersprache muss man dafür nicht beherrschen. Diesem Gedanken folgen auch die Ninja Blocks.

Jede der kleinen Boxen enthält als Grundausstatung eine Linux-gesteuerte Platine, einen Arduino-Controller, einen Temperaturfühler, einen Beschleunigungsmesser und ein Mehrfarben-LED als Anzeige. Optional gibt es noch einen Licht- und einen Entfernungssensor dazu sowie einen Knopf, den man mit dem Finger bedienen kann. Die lassen sich über eine USB-Schnittstelle an den Block verbinden. Auch USB-Kameras kann man anschließen. Für die Zukunft seien weitere Zusatzmodule geplant, sagt Wotton. Die Gehäuse wiederum lassen sich mittels 3D-Druckern produzieren, die wie der Mendel oder der Makerbot ebenfalls schon als offene Hardware existieren.

Strom bezieht ein Ninja Block aus einer gewöhnlichen Steckdose, der Netzzugang erfolgt über ein Ethernet-Kabel. Wer eine drahtlose Verbindung bevorzugt, kann die entsprechende Hardware über die USB-Schnittstelle anschließen. Einmal online, kann ein Nutzer dann über den Dienst Ninja Cloud „Verhaltensregeln“ für seine Box anlegen. Wer mehrere Blöcke hat, kann sie auch über Regeln miteinander interagieren lassen. Wieviele Regeln für einen einzelnen Block möglich sind, überblickt Wotton nicht, schätzt die Zahl aber auf ein paar Tausend.

Dass die drei Entwickler einen Nerv getroffen haben, zeigte ihre Finanzierungskampagne auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter. Als die dort das Konzept der Ninja Blocks im Januar vorstellten, hofften sie, eine Anschubfinanzierung von 24.000 Dollar zusammenzubekommen. Das Start-up Twine hatte da bereits vorgemacht, wie erfolgreich Crowdfunding sein kann. Mehr als eine halbe Million Dollar hatten Nutzer für das Twine-Konzept zur Verfügung gestellt, 16 Mal mehr als ursprünglich ausgeschrieben.

Bereits nach 72 Stunden hatten die Schappis und Wotton die anvisierten 24.000 Dollar zusammen. Am Ende der Fundraising-Kampagne, am 10. März, waren schließlich 103.000 Dollar zusammengekommen. Das Start-up mit Büros in San Francisco und in Sydney – wo Wotton sitzt – machte sich an die Arbeit, die ersten 450 Ninja Blocks zusammenzubauen. Die werden nun an Kickstarter-Förderer ausgeliefert. Ab Mai können Ninja Blocks für 156 Dollar auch online bestellt werden.

Weil die Konstruktion der Hardware und die Software offen (open source) sind, kann jeder sie nach eigenem Gusto verändern. Trotz der Begeisterung der Kickstarter-Kampagne ist noch nicht klar, ob es für die Geräte einen Markt geben könnte.

Eric Wilhelm, Gründer des Webdienstes Instructables.com – auf dem Konstruktionspläne für offene Hardware angeboten werden –, ist jedoch optimistisch. Ninja Blocks könnten für alle interessant sein, die ein einfaches, konkretes Problem haben, dass sich mit bisherigen Systemen nicht kostengünstig lösen ließ – etwa eine SMS zu erhalten, wenn die Post ein Paket vor der Tür abgelegt hat.

Michael Nelson von der Georgetown University glaubt gar, dass die Ninja Blocks den "Hype um das Internet der Dinge“ entscheidend weitertreiben könnten. Er hat sich bereits eine der bunten Kistchen bestellt, zusammen mit fünf Sensoren, einem WLAN-Dongle und einer Webcam. Die 265 Dollar hat Nelson nicht angelegt, weil er sich von seinem Ninja Block die Lösung von Alltagsproblemen erhofft. „Ich kann nun anfangen nachdenken, wie man Probleme löst." (nbo)