Merkel will schnelle Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

Die Bundeskanzlerin bezieht Position im Streit von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger um die anlasslose Speicherung der Nutzerdaten in der Telekommunikation.

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Von
  • Jürgen Kuri

Eine Woche vor Ablauf eines Ultimatums aus Brüssel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Minister aufgefordert, schnell die EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung zu erfüllen. "Die Richtlinie als solche liegt auf dem Tisch und sie muss umgesetzt werden", sagte Merkel laut dpa. Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte wiederholt betont, er wolle die EU-Richtlinie umsetzen, die mindestens eine sechsmonatige Speicherfrist vorsieht.

Dagegen will Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Internet- und Telefonverbindungsdaten nur bei konkreten Anlässen speichern lassen und den Ermittlern bei Bedarf zur Kriminalitätsbekämpfung zur Verfügung stellen. Bei IP-Adressen von Computern sieht ihr Entwurf eine pauschale Speicherung von sieben Tagen vor. Der Streit läuft schon seit Monaten – am kommenden Donnerstag endet eine von der EU-Kommission gesetzte Frist zur Neuregelung. Am Mittwochabend sprachen Friedrich und Leutheusser-Schnarrenberger abermals im kleinen Kreis über das Thema – eine Einigung gab es aber nicht.

Merkel sagte, es gehe nicht um einen Kompromiss von zwei Ministern über einen politischen Gegenstand. Es gebe die EU-Richtlinie, die neu umgesetzt werden müsse, weil das Verfassungsgericht die alte Regelung in Teilen für nicht verfassungskonform erklärt habe. "Um den Erfordernissen und den Anforderungen der europäischen Regeln zu entsprechen, müssen wir eine solche Umsetzung finden, die dem Inhalt der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung entspricht", sagte Merkel. "Niemand von uns möchte mit Strafzahlungen belegt werden", sagte sie weiter. Nach dem Ablauf des Brüsseler Ultimatums droht eine Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof. Damit könnten Strafzahlungen in Millionenhöhe auf Deutschland zukommen.

Die bereits 2006 beschlossene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung sieht vor, dass die EU-Mitgliedsstaaten alle Telekommunikationsverbindungsdaten der Nutzer von Festnetz- und Mobiltelefonen sowie der Internet-User mindestens sechs Monate lang speichern. Das dafür 2007 in Deutschland verabschiedete Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung hatte das Bundesverfassungsgericht im März 2010 mit einem Grundsatzurteil kassiert. Seither wartet die Kommission auf eine Neuregelung, im Sommer 2011 leitete sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Die Kommission selbst aber hatte im April 2011 bereits eine Überarbeitung der Richtlinie angekündigt.

Nach der Aufforderung Merkels sieht Friedrich nun die Justizministerin am Zug. Er sagte dem Bayerischen Rundfunk: "Ich muss mich nicht einigen, Frau Leutheusser muss sich auf die Richtlinie der Europäischen Kommission einlassen." Er könne keinen Kompromiss eingehen, der unterhalb der Rechtslage der Europäischen Union sei.

Leutheusser-Schnarrenberger sagte gegenüber dpa: "Mein Ziel ist es, im Gespräch zu bleiben und zu verhandeln." Allerdings habe Friedrich Maximalpositionen vorgelegt, die weit über die Richtlinienumsetzung hinausgingen. "Die Maximalforderung, die uns zugeschickt wurde, kann keine Grundlage für eine Einigung sein." Friedrich hatte den Gesetzentwurf von Leutheusser-Schnarrenberger am Montag offiziell abgelehnt und um eigene Vorstellungen ergänzt.

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