Systemhausgruppe ACP: Nicht alles Gold, was glänzt

Die Systemhausgruppe ACP aus Österreich mit starkem Arm in Deutschland prahlt in den vergangenen Wochen mit seiner erfolgreichen Expansionsstrategie. Wesentlicher Grund für die Jubelmeldungen: Mehrheitsgesellschafter Capvis sucht einen Käufer für seine IT-Tochter. Doch sooo beeindruckend ist die ACP-Story nun auch wieder nicht.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber ACP-Chef Urs Fischer,

Ausscheidender ACP-CEO Urs T. Fischer

(Bild: ACP)

erwische ich Sie noch an Ihrem Schreibtisch oder haben Sie schon Ihre Koffer gepackt, sich von Ihren Mitarbeitern verabschiedet und sind in Ihre Schweizer Heimat abgereist? "Planmäßig"“, wie zu lesen war, scheiden Sie ja in diesen Tagen aus dem Unternehmen aus, das Sie seit Anfang 2009 als CEO geführt haben. Ich frage mich allerdings, ob Ihr jetziges Ausscheiden wirklich so planmäßig ist, denn hatten Sie nicht einen Vertrag bis Ende dieses Jahres? Naja, kommt ja vielleicht auch nicht so drauf an. Es gibt ja auch kurzfristige Pläne, die ganz plötzlich entstehen und einen anderen, älteren Plan hinfällig machen, nicht wahr?

Lieber Herr Fischer, in den vergangenen Wochen gab es über die ACP-Gruppe in den Medien ja einiges Positives zu lesen. Das Unternehmen expandiert. Mit zwei neuen Niederlassungen in Hannover und Ulm sowie zwei weiteren Vertriebsbüros in Ende und Frödenberg (NRW) haben Sie gleich vier weitere Standorte besetzt. Damit ist das ACP-Netz in Deutschland auf zwölf Vertretungen gewachsen. Am meisten überrascht hat Branchenkenner sicherlich, was in Ulm passierte: Hier hält nun kein geringerer als Erich Striedacher die ACP-Fahne hoch. Striedacher hatte rund 20 Jahre das Systemhaus Kumatronik als Geschäftsführer geleitet. Kumatronik ist vor kurzem von Bechtle übernommen worden.

Mit den neuen Standorten, schreiben Sie in einer Pressemitteilung, setzte die ACP-Gruppe "ihre erfolgreiche Expansion in Deutschland fort". Aber Hand aufs Herz, lieber Herr Fischer, ist der Auftritt von ACP in Deutschland wirklich eine Erfolgsgeschichte? Oder nicht doch eher eine Geschichte von Irrungen und Wirrungen? Nur mal ein paar Fragen:

Erstens: Wie groß ist zum Beispiel Ihr Erfolg am Standort Regensburg? Hier hatte ACP im Jahr 2004 das Systemhaus Schmaderer mit damals 35 Mitarbeitern übernommen und in "ACP Regensburg“ umgenannt. Und heute? Von einer ACP ist heute in Regensburg nichts mehr zu sehen. In der schönen Domstadt gibt es lediglich noch eine aus zwei Mann bestehende Geschäftsstelle der SWS Computersystem AG aus Hauzenberg bei Passau, die im Jahr 2008 von ACP übernommen worden war. By the way: Warum wurde die SWS eigentlich nicht in ACP umgetauft, wie dies doch sonst in der ACP-Familie üblich ist? SWS hat sogar eine eigene Homepage, die nicht nicht unter der ACP-Fahne segelt. Nach einem Hinweis auf die Zugehörigkeit zur ACP-Gruppe habe ich hier vergeblich gesucht; man könnte fast den Eindruck gewinnen, das sei Absicht.

Zweitens: Wie groß ist der Erfolg von ACP am Standort Velburg? Hier hatte ACP vor sechs Jahren 60 Prozent der Anteile des auf Banken und Sparkassen spezialisierten Systemhauses IDV Datensysteme übernommen (Umsatz 2005: rund sieben Millionen Euro). Das neue Familienmitglied werde, so hieß es damals, "sein Geschäftsfeld rasch ausweiten“. Doch es kam anders. Ende 2010 verkaufte ACP seinen Anteil an den Firmengründer Alfons Schmauser zurück. Das seitdem wieder unter IDS firmierende Unternehmen musste Anfang dieses Jahres Insolvenz anmelden.

Drittens: Wie groß ist der Erfolg von ACP am Standort Stuttgart? Im Jahr 2007 hatte ACP den damalige IT-Dienstleister PC Service übernommen (Umsatz 2006: rund 22 Millionen Euro). Seitdem hat ACP nach meinen Recherchen am Standort Stuttgart vier Geschäftsführer verschlissen und mehr als drei Millionen Euro Miese gemacht.

Apropos Manager-Verschleiß: Was sagen Sie eigentlich zu den Informationen, dass in den vergangenen drei Jahren allein in Deutschland zehn ACP-Geschäftsführer bzw. Top-Manager von Bord oder über Bord gegangen sind? Franz Hierl, der Nachfolger von Horst Nadjafi als Vorstand von ACP in Kolbermor, ist ja auch schon nicht mehr dabei. Auch in Österreich soll der Aderlass im Management groß sein. Warum eigentlich, wenn bei der ACP doch alles so toll ist?

Doch nicht nur in Deutschland, auch in der Schweiz stellt sich die Entwicklung von ACP nicht als lupenreine Erfolgsgeschichte dar. Jetzt haben Sie gerade die Tochter Paninfo an das dortige Management verkauft. Damit hat sich ACP von dem einstigen Traum, eine führende Rolle im DACH-Raum zu spielen, verabschiedet. Statt DACH also nur noch DA.

Lieber Herr Fischer, dass ACP momentan versucht, im besten Licht zu erscheinen, ist verständlich. Denn der Mehrheitseigner Capvis, der 2006 mit dem Ziel bei ACP eingestiegen ist, das Unternehmen an die Börse zu bringen, sucht nach einem Käufer für seine Systemhaus-Tochter. In einem Interview mit der "Wiener Zeitung" bestätigt der ACP-Manager Dietmar Taurer vor kurzem, dass Capvis "in der nächsten Zeit wieder aus der ACP aussteigen“ werde. Von der Idee, das Systemhaus an der Börse zu platzieren, haben sich die Schweizer aber wieder verabschiedet. Jedenfalls ist nach Angaben von ACP-Manager Taurer "ein Börsengang derzeit kein Thema“. Also dann doch Bechtle, Computacenter und die üblichen Verdächtigen?

Ihnen, lieber Herr Fischer, alles Gute und beste Grüße!

Beste Grüße!

Damian Sicking

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