StudiVZ: Umstrittener Gründer scheidet aus Geschäftsführung aus

Ehssan Dariani zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück und soll "neue Aufgaben" im noch nicht gebildeten Aufsichtsrat der Gesellschaft übernehmen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Das Studentennetzwerk StudiVZ vollzieht eine Neuordnung der Geschäftsführung. Mitgründer Ehssan Dariani ist ab sofort nicht mehr am operativen Geschäft beteiligt, sondern will sein "Know-how und seine Erfahrung im Aufbau von Unternehmen und Start-ups nun als Berater, Mentor und Business-Angel zur Verfügung stellen", wie es offiziell heißt. Zudem soll er dem Unternehmen in Zukunft als Aufsichtsrat zur Seite stehen. Doch vorher muss das Unternehmen seine Rechtsform ändern.

In der Pressemitteilung klingt der Personalwechsel fast wie eine Beförderung: "Ehssan Dariani, Gründer und Geschäftsführer des Studenten-Netzwerks StudiVZ, zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück und wechselt in den Aufsichtsrat." Bisher hat das Unternehmen allerdings keinen Aufsichtsrat – bei der Gesellschaftsform einer englischen Limited ist ein solches Organ nicht vorgesehen. Auf Anfrage von heise online teilt das Unternehmen mit, dass StudiVZ zunächst seine Gesellschaftsordnung ändern werde: "Momentan werden die notwendigen rechtlichen Schritte für die Umstrukturierung in ein GmbH eingeleitet", erklärt ein Sprecher. Wann die Neuordnung jedoch abgeschlossen sein wird und ob Dariani wieder eine offizielle Funktion in der Firma einnimmt, ist bisher unklar. Die Aufgaben des Geschäftsführers werden inzwischen von Darianis Vorstandskollegen Dennis Bemmann und Michael Brehm übernommen.

Der 26-jährige Dariani hatte im Oktober 2005 zusammen mit Dennis Bemmann in Berlin das Unternehmen gegründet, das heute zu den erfolgreichsten Community-Portalen in Deutschland gehört. In nur anderthalb Jahren haben sich bei StudiVZ und den Schwesterportalen im europäischen Ausland nach Firmenangaben zirka 1,8 Millionen Studenten registriert. Anfang des Jahres hatte die Verlagsgruppe Holtzbrinck das Start-up für einen zweistelligen Millionenbetrag übernommen. Der neue Eigentümer gibt dem Unternehmensgründer ein gutes Zeugnis mit auf den Weg: "Der große Erfolg von StudiVZ wäre ohne den Einsatz und die Ideen von Ehssan Dariani nicht denkbar gewesen", gibt Konstantin Urban, Geschäftsführer Holtzbrinck Networks, dem scheidenden Geschäftsführer mit auf den Weg.

Während der Expansionsphase hatten das Start-up-Unternehmen und Dariani wiederholt für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. So verursachte der Firmen-Gründer mit peinlichen Netzvideos und eine Geburtstagseinladung im Stil der Nazi-Zeitung "Völkischer Beobachter" nicht nur Zweifel an der Seriosität des Unternehmens. Zudem sorgte eine Reihe von Sicherheitslücken für wiederholte Zwangspausen des Studentenportals – das Unternehmen reagierte mit verstärkten Sicherheitsbemühungen und einem Verhaltenskodex für Mitglieder.

Vor zwei Wochen war es einem Unbekannten offenbar gelungen auf die Mitglieder-Datenbank zuzugreifen und dabei Passwörter und Mailadressen der Mitglieder auszulesen. Zwar hatte das Unternehmen sofort begonnen, die Passwörter aller Mitglieder auszutauschen, bisher hielt es StudiVZ aber nicht für nötig, die Mitglieder über den Vorfall ausführlich zu informieren. Heute lehnte ein Unternehmenssprecher mit Hinweis auf ein laufendes Verfahren ab, zu dem Vorfall Stellung zu nehmen.

Unmittelbar nach dem Vorfall hatte ein Sprecher aber eingeräumt, dass die ausgelesenen Daten in der Mitgliederdatenbank nicht verschlüsselt waren, lediglich die Passwörter seien mit einem Hashwert verschlüsselt gewesen. Doch aus den Hashes lassen sich ohne großen Aufwand wieder Passwörter gewinnen. Wer sein altes StudiVZ-Passwort auch bei anderen Diensten wie zum Beispiel Mail-Anbietern verwendet, sollte es daher sicherheitshalber auch dort austauschen. (Torsten Kleinz) / (vbr)