Bundesregierung beschließt registergestützte Volkszählung

Im Rahmen der EU-Volkszählung in den Jahren 2010/11 will die Bundesregierung auf das registergestützte Modell setzen. Dabei wird auf die Daten verschiedener Register zurückgegriffen, die durch verschiedene Stichproben ergänzt werden.

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Von
  • Detlef Borchers

Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, im Rahmen der Volkszählung, die in den Jahren 2010/11 für alle EU-Staaten ansteht, auf das registergestützte Modell zu setzen. Dabei wird auf die Daten verschiedener Register zurückgegriffen, die durch Stichproben ergänzt werden. Beim deutschen Verfahren bilden das Melderegister und die Register der Bundesagentur für Arbeit den Daten-Grundstock der Zählung. Diese Daten sollen durch eine postalische Befragung der Gebäude- und Wohnungseigentümer oder der Wohnungsverwalter ausgebaut werden. Mit Interviews in ausgewählten Gebieten würden die Zahlen abgesichert. Im Zeichen knapper Haushaltskassen gilt das Verfahren als die kostengünstigste Methode, bei der rund 450 Millionen Euro ausgegeben werden müssen. Nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes würde eine traditionelle Volkszählung 1,4 Milliarden Euro kosten.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erläutert in einer Mitteilung, mit der Entscheidung für den registergestützten Zensus seien "die Weichen dafür gestellt, dass die nächste Volkszählung in Deutschland im Rahmen der EU-weiten Zensusrunde aufgrund einer modernen Verfahrensmethode erheblich belastungsärmer für die Bürgerinnen und Bürger sowie insgesamt kostengünstiger durchgeführt werden kann".

Gegen eine solche unvollständige Volkszählung hatte sich das Berliner Institut für Entwicklung ausgesprochen. Weil die Qualität der deutschen Registerdaten nicht besonders gut sei, würden alle darauf aufbauenden Daten verfälscht werden, so der Tenor. Aber auch die Registerzählung hat ihre Tücken. In Österreich, wo sich bereits die Regierung für diese Methode ausgesprochen hat, ist Kritik an den Volkszählungsplänen laut geworden. Neben Zweifeln an der Qualität der Registerdaten gibt es Befürchtungen, dass die Volkszählung eine Art "Rasterfahndung auf Vorrat" sein könnte, wenn ohne Anonymisierung Datenbestände zusammengeführt werden, die in dieser Form bisher gesetzlich nicht vereint werden durften.

Eine solche Vermischung wurde in Deutschland bereits im Jahre 2002 diskutiert. Damals hatte sich der statistische Beirat der Bundesregierung für ein "Forschergeheimnis" stark gemacht, das den Datenschutz bei statistischen Arbeiten mit Registerdaten garantiert. Ratsvorsitzender Gert G. Wagner gilt als Befürworter der registergestützten Volkszählung.

In Österreich wurde die letzte traditionelle Volkszählung mit Fragebogen 2001 durchgeführt. In Deutschland wirkt der Boykott der Volkszählung von 1987 immer noch nach. In der Schweiz wurde zuletzt im Jahre 2000 gezählt. Auch dieses Land favorisiert seit Kurzem die registergestützte Zählung, jedoch nicht aus Kostengründen. Vielmehr sollen die eingesparten Mittel zu Detailstudien über die Migration und die Bevölkerungsmobilität verwendet werden. Zu diesen Themen gibt es in der Schweiz unzureichende Datenbestände beziehungsweise überhaupt keine Registerdaten. (Detlef Borchers) / (anw)