Freistellung von Mitarbeitern

Wenn Mitarbeiter freigestellt werden, müssen sie nicht zur Arbeit, bekommen aber ihr Gehalt. Als Urlaub sollte man die Freistellung aber nicht betrachten, denn es gelten strenge Regeln.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wenn Mitarbeiter freigestellt werden, müssen sie nicht mehr zur Arbeit kommen, erhalten aber dennoch ihr Gehalt. Eine Art Sonderurlaub ist die Freistellung dennoch nicht, wie der Berliner Rechtsanwalt Alexander Bredereck erklärt.

Was bedeutet es genau, wenn ein Arbeitnehmer "freigestellt" wird?

Bredereck: Während einer Freistellung ist die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung ausgesetzt. Im übrigen muss das Arbeitsverhältnis weiterlaufen. Der Arbeitnehmer bekommt also sein Arbeitsentgelt, erwirbt Urlaubsansprüche usw.

Alexander Bredereck, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

(Bild: Alexander Bredereck)

Alexander Bredereck arbeitet seit 1999 als Rechtsanwalt und seit 2005 als Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Bredereck Willkomm Rechtsanwälte in Berlin. Er ist Vorstand der Verbraucher- zentrale Brandenburg e.V. sowie Mitglied im Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e.V. und Mitglied im Arbeitskreis Arbeitsrecht im Berliner Anwaltsverein e.V. Schwerpunkt seiner Tätigkeit als Fachanwalt für Arbeitsrecht ist die Vertretung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Kündigungsschutzprozessen. Kontakt und weitere Informationen: Fachanwalt@Arbeitsrechtler-in.de

Darf der Arbeitnehmer dann woanders arbeiten?

Bredereck: Auch die Verpflichtungen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis bestehen weiter. Wenn Nebentätigkeiten nur mit Zustimmung des Arbeitgebers zulässig sind, gilt dies auch während der Freistellung. Verstöße können eine fristlose Kündigung des Arbeitgebers begründen.

Häufig werden Mitarbeiter freigestellt, die gekündigt wurden und das Unternehmen verlassen sollen. Kann der Betroffene die Freistellung auch verweigern?

Bredereck: Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer einen (einklagbaren) Beschäftigungsanspruch. Nach Ausspruch einer Kündigung überwiegt aber regelmäßig das Interesse des Arbeitgebers an der Freistellung. Ist die Kündigung allerdings unwirksam und hat der Arbeitnehmer ein besonderes Interesse an der tatsächlichen Beschäftigung (zum Beispiel ein Wissenschaftler, der Zugang zu seinem Forschungsgebiet benötigt) kann dies anders zu beurteilen sein.

Gibt es auch Fälle, in denen Mitarbeiter freigestellt werden, die sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden?

Bredereck: Die bekanntesten Fälle einer bezahlten Freistellung im bestehenden Arbeitsverhältnis sind sicher die Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit und Urlaub. Hierzu gehört aber auch das Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft und die Freistellung während der Zeit des Mutterschutzes.

Kann denn auch der Mitarbeiter selbst fordern, freigestellt zu werden?

Bredereck: Gesetzlich geregelt sind derartige Fälle z.B. in § 629 BGB in einem gekündigten Arbeitsverhältnis für die Stellensuche. Wenn der Arbeitgeber zu Beispiel die Vergütung über einen längeren Zeitraum nicht zahlt, kann der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung gelten machen. Auch hier bekommt der Arbeitnehmer Arbeitsentgelt ohne tatsächlich eine Arbeitsleistung zu erbringen. Doch Vorsicht: Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts sollte vorher angekündigt werden. Wer hier Fehler macht riskiert ebenfalls die Kündigung.

Was genau ist der Unterschied zwischen widerruflicher und unwiderruflicher Freistellung?

Bredereck: Bei der widerruflichen Freistellung behält sich der Arbeitgeber vor, die Arbeitsleistung jederzeit wieder ab zu rufen. Bei der unwiderruflichen Freistellung meist im Zusammenhang mit einer Kündigung für den Zeitraum der Kündigungsfrist verzichtet der Arbeitgeber dauerhaft auf die Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer.

Bei der widerruflichen Freistellung muss der Arbeitnehmer also zumindest theoretisch damit rechnen, dass er wieder ins Büro geholt wird. Nicht nur theoretisch, auch sehr praktisch. Er sollte sich unbedingt in Bereitschaft halten.

Kann er trotzdem wegfahren, weil er beispielsweise noch sehr viel Resturlaub hat?

Bredereck: Das hat mit dem Urlaub nichts zu tun. Wenn er wegfahren will, sollte er Urlaub beantragen. Lukrativer ist es natürlich meistens den Urlaub nicht zu beantragen und dann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Urlaubsabgeltung vom Arbeitgeber zu verlangen. Man sollte dann aber nicht vergessen, dass man dann auf Abruf zuhause sitzt.

Wie sieht es denn grundsätzlich mit dem Thema Urlaub bei einer Freistellung aus? Hat der Arbeitnehmer noch Anspruch auf seine Resturlaubstage oder deren Vergütung oder verfallen diese mit der Freistellung automatisch?

Bredereck: Die Freistellung ändert an den Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers zunächst einmal gar nichts. Arbeitgeber, die später Abgeltungsansprüche wegen des nicht genommenen Urlaubs vermeiden wollen, sollten statt einer Freistellung Urlaub gewähren.

Zahlt der Arbeitgeber bei einer Freistellung alle Sozialabgaben weiter oder muss sich der Mitarbeiter um die Krankenversicherung etc. selbst kümmern?

Bredereck: Bei einer bezahlten Freistellung zahlt der Arbeitgeber alles weiter. Vorsicht ist allerdings bei unbezahlten Freistellungen, zu Beispiel im Rahmen eines so genannten Sabbaticals, geboten. Hier endet der gesetzlichen Krankenversicherungsschutz nach einem Monat. Der Arbeitnehmer muss sich selbst (privat) versichern. (gs)
(masi)