Schwieriges Pflaster für IT-Startups

Der Mitinitiator des Wiener Gründerzentrums Metalab beklagt bürokratische Förderprogramme und warnt die Entwickler davor, sich dem Web 2.0 zu enthalten.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Obwohl es an Know-how und Geld nicht fehlt, gibt es in Europa viel zu wenig IT-Startups. Das meint Paul Böhm, einer der Initiatoren des Wiener Gründerzentrums Metalab, der beim Sommercamp des Chaos Computer Club (CCC) Ursachenforschung betreibt. Er warnt davor, dass sich die Hackerelite von der Entwicklung immer stärker zentralisierter Plattformen im Netz abwendet. Nur wer dabei sei, kann auch mitgestalten, meint Böhm.

Mit dem Metalab gibt Böhm bereits seine Antwort auf die Gründerflaute im IT-Bereich in Europa. Das Hauptproblem liege in der frühsten Gründerphase. "Es gibt einige Leute, die gerne etwas tun wollen, Ideen haben. Aber sie wissen nicht, wie anfangen." Rund 30.000 Euro reichten im Prinzip für manchen Entwickler schon aus, um eine Idee erst einmal ein halbes Jahr zu entwickeln, ohne sich dabei um seinen Lebensunterhalt Gedanken zu machen. Werbekosten, Buchhaltung und Sekretariat seien am Anfang noch nicht notwendig.

Bestehende Förderprogramme erforderten aber gleichzeitig einen hohen Zeitaufwand. "Zu bürokratisch", nennt Böhm die Förderungen. Für manchen Entwickler heißt es, das finanzielle Risiko erst einmal selbst schultern, wenn er das eigene Vorhaben antragsfähig gestalten will. Dabei sollte am Anfang viel Zeit dafür da sein, rasch einen Prototyp zu entwickeln, findet Böhm.

Die Idee des Metalab ist die Weitergabe von Wissen darüber, wie man besser startet. Im Gegensatz zu konventionellen Gründerzentren gehe es im Metalab darum, technisches und organisatorisches Wissen zu akkumulieren. 40 Meter vom österreichischen Parlament entfernt werden auf 200 Quadratmetern Roboter gebaut, es gibt Programmiervorträge, und talentierte Jugendliche könnten zuschauen, wie eine Firmengründung funktioniert. Böhm schildert, dass das Metalab nach 30 zahlenden Mitgliedern im vergangenen Jahr inzwischen schon 110 Unterstützer hat. 50.000 Euro hat das Metalab im ersten Zyklus investiert. Im zweiten soll noch einmal so viel oder mehr investiert werden.

Böhm warnt vor einer Verweigerung gegenüber dem Web 2.0 samt seinen zentralen Plattformen durch die innovative und kritische Avantgarde. Sie könne eine erneute Barriere für die IT-Entwicklung in Europa werden. "Ich weiß, darüber gibt es im Camp Kontroversen, aber ich würde es für falsch halten, nicht mitzumachen." Constanze Kurz, Sprecherin des CCC beim Sommercamp und Informatikerin an der Humboldt-Universität in Berlin, teilt Böhms Einschätzung, dass es hier bei vielen Hackern deutliche Skepsis gibt. Sie macht aber auch noch auf eine neue Hürde für Gründer speziell in Deutschland aufmerksam. "Die Verschärfung des Hackerparagraphen durch den Gesetzgeber bringt viele Probleme gerade für Unternehmen im Bereich Sicherheit mit sich."

Eine ganze Reihe bestehender Firmen habe nun in Gesprächen zu erkennen gegeben, dass eine Abwanderung etwa in die Schweiz notwendig werden könne. Deutsche Gründer im so wichtigen Bereich Computer- und Netzsicherheit müssen dies vor dem Start ebenfalls einkalkulieren. Womöglich erledigt sich das Problem aber auch dadurch, dass, wie Kurz berichtet, auch an den Universitäten das entsprechende Know-how nicht mehr ohne Risiko gelehrt werden kann. In einigen Jahren wird es dann in Deutschland vielleicht einfach niemanden mehr geben, der im Bereich Computersicherheit ein Unternehmen gründen kann.

Siehe zum 3. Chaos Communication Camp Zum 2. Chaos Communication Camp 2003 auch:

Zum 2. Chaos Communication Camp 2003 auch:

(Monika Ermert) / (anw)