Stickstoff als Stromquelle

In Japan hat die Weltraumagentur Jaxa zusammen mit einem Unternehmen einen Stromgenerator entwickelt, der mit einem Gas betrieben wird, das bislang ganz anderen Zwecken dient. Die Atomkatastrophe in Fukushima stand bei der Idee Pate.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

In Japan hat die Weltraumagentur Jaxa zusammen mit einem Unternehmen einen Stromgenerator entwickelt, der mit einem Gas betrieben wird, das bislang ganz anderen Zwecken dient. Die Atomkatastrophe in Fukushima stand bei der Idee Pate.

Stickstoffmonoxid (NO) ist ein vielseitiges Molekül. Es entsteht gerne bei der Verbrennung als schädliches Abgas. Es ist ein Zwischenprodukt in der Chemieindustrie, zum Beispiel bei der Herstellung von Salpetersäure, oder dient der Kalibrierung von Messgeräten. Gleichzeitig kann es Leben retten: In Krankenhäusern wird es zur Erweiterung der Lungengefäße genutzt. Nun haben in Japan die Weltraumagentur Jaxa und das Unternehmen Showa Denko einen neuartigen Stromgenerator entwickelt, der seine Kraft aus dem farblosen Gas schöpft.

Der Anstoß zur Ausentwicklung dieser Idee ist in Japans jüngster Geschichte zu finden: der dreifachen Katastrophe aus Mega-Erdbeben, Riesen-Tsunami und mehrfacher Kernschmelze im AKW Fukushima 1. Seit in Japans Nordosten nach den Ereignissen vom 11. März 2011 für Tage, teilweise Wochen die Lichter ausgingen, wird im Land fieberhaft nach System für die dezentrale Notstromerzeugung geforscht. Inzwischen sind die Geschäfte voll von alten und neuen Produkten,

Immer beliebter wird ein schon älteres portables Gerät von Honda, das Strom aus dem Gas von Gaskartuschen gewinnt. Hoch im Kurs stehen auch normale Generatoren mit Verbrennungsmotor. Dazu gesellen sich mobile Solarzellen, die Akkus und Handys aufladen und gleichzeitig als Notlicht fungieren. Eine Reihe von Firmen bietet sogar Lithium-Ionen-Akkus für den Hausgebrauch in verschiedensten Größen an, vom Aktentaschenformat für wenige Stunden bis hin zur kompletten Elektrogroßbatterie für ein paar Tage Unabhängigkeit vom Netz.

Die neue Idee reiht sich nahtlos darin ein. Ein Generator ist so groß wie ein Kühlschrank und soll genug Strom für Licht und Klimaanlagen zum Beispiel in einem Krankenhaus liefern. Und besonders für die haben die Erfinder die Stromquelle entwickelt. Schließlich haben Krankenhäuser bereits eine Stickstoffinfrastruktur inklusive Lagerung aufgebaut. Durch einen Katalysator wird das Gas auf 1600 Grad Celsius erhitzt und in Stickstoff und Sauerstoff gespalten.

Doch auch im Klimaschutz eröffnet die Entwicklung eine interessante Perspektive. In Chemiefabriken, in den NO entsteht, spalten das Gas in der Regel in seine Elemente, da es als Treibhausgas gilt. Die Erfinder wollen nun Wege finden, das Abgas mit ihrem System als Treibstoff zu nutzen. 2015 könnte wenigstens der kleinere Stromgenerator auf den Markt kommen, berichtet die japanische Zeitung "Nikkei". Und wieder haben wir den Beweis, dass Krisen der Kreativität auf die Sprünge helfen. (bsc)