Medienforum NRW: Streit um Netzneutralität

Die Debatte, ob Netzbetreiber Inhalte bevorzugt durchleiten dürfen oder nicht, wogte in Köln mitunter heftig. Während die Telekom dafür warb, widersprachen Vertreter des privaten Rundfunks ganz entschieden.

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Von
  • Torsten Kleinz

Angefeuert durch die Ankündigung von ARD und ZDF, künftig keine Einspeisegebühren mehr an Kabelnetz-Betreiber mehr zu zahlen, ist auf dem 24. Medienforum NRW in Köln die Frage der Netzneutralität teilweise heftig debattiert worden. Einig waren sich die Netzbetreiber und die Vertreter der etablierten Sender, dass kein Inhalteanbieter diskriminiert werden dürfe. Was jedoch unter dem Begriff Diskriminierung zu verstehen sei, definierten die verschiedenen Teilnehmer sehr unterschiedlich.

Die Diskussionsteilnehmer

(Bild: © Uwe Völkner / Fotoagentur FOX)

Laut Christian Illek, Marketing-Chef der Deutschen Telekom, ist der Provider-Markt bereits von Engpässen geprägt. Den notwendigen Milliardenausgaben für den Netzausbau stünden jedoch sinkende Einnahmen gegenüber. Als zusätzliche Einnahmequelle will die Telekom daher verschiedene Qualitätsklassen einführen und von Inhalteanbietern Gebühren für priorisierte Verbindungen verlangen. Trotzdem erklärte Illek in Köln: "Es muss einen diskriminierungsfreien Zugang für alle Anbieter geben". Darunter versteht Illek allerdings nur eine Art Basisdienst, den sein Unternehmen gerne liefern werde, wenn dafür eine branchenweite Definition gefunden worden wird.

Widerspruch erntete Illek unter anderem von Claus Grewenig, Geschäftsführer des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT): "Wir dürfen uns nicht blenden lassen, wenn gesagt wird: Wir wollen nur priorisieren und nicht diskriminieren.“ Wenn eine Diskriminierung erlaubt werde, sei dies ein Dammbruch. Obwohl die Senderbetreiber den Providern Finanzierungsmöglichkeiten für den Netzausbau zugestehen wollten, bestehen sie aber auf einer unabhängigen Evaluation der Lage. Grewenig forderte die Telekom auf, die Karten auf den Tisch zu legen: "Wir brauchen erst einmal einen Nachweis, wo denn die Kapazitätsgrenzen überhaupt auftreten werden."

Im Gegensatz zu Telekommunikationsprovidern können Kabelnetzbetreiber schon heute auf beiden Seiten des Marktes kassieren – mit monatlichen Zugangsgebühren bei den Fernsehzuschauern und Signaleinspeisungs-Entgelten bei den deutschen Sendern. ARD und ZDF wollen diese Praxis nun beenden und so Kosten von 60 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Die Kabelnetzbetreiber wären dennoch gesetzlich verpflichtet, die öffentlich-rechtlichen Programme weiter zu transportieren.

Unitymedia-Chef Lutz Schüler verteidigte die bisherige Praxis. Zwar gebe es dieses Modell im Ausland eher selten, aber dafür seien dort auch die Kabelgebühren in der Regel wesentlich höher. Zudem gäben ARD und ZDF auch für andere Verbreitungswege viel Geld aus: So koste die Ausstrahlung per DVB-T jährlich 240 Millionen Euro. Außerdem seien die Kabelnetzbetreiber in Deutschland ein unverzichtbarer Bestandteil des Netzausbaus: Sie könnten 75 Prozent der Bevölkerung mit Bandbreiten bis zu 100 MBit/s versorgen. Für die Internetzugänge seiner Kunden versprach Schüler immerhin, dass dort Priorisierungen mit Techniken wie deep packet inspection nicht eingesetzt werden sollen. (axk)