Kriterien einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung

Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil veröffentlicht, dass sich mit dem Fall einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung beschäftigt. Wichtig sind vor allem die Indizien, die es laut Gericht für diesen Verdacht bedarf.

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Von
  • Marzena Sicking

Wer seinen Wettbewerber abmahnt, möchte damit bezwecken, dass dieser ein wettbewerbsrechtlich fehlerhaftes Verhalten sofort einstellt. Die Abmahnung soll ein Instrument sein, mit dem sich Unternehmen gegen unseriöse Praktiken des Konkurrenten wehren können. Doch leider kommt es auch hier immer wieder zu Missbrauch. Dann geht es nicht darum, das Verhalten des Wettbewerbers zu rügen und für eine Korrektur zu sorgen, sondern vor allem darum, ihm Kosten aufzuerlegen und sich selbst dadurch nach Möglichkeit auch noch einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.

Natürlich sind solche rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen verboten. Allerdings ist es nicht ganz einfach nachzuweisen, dass tatsächlich eine unlautere Absicht dahinter steckt. Ein Urteil hat in diesem Zusammenhang der Bundesgerichtshof am 15. Dezember 2011 gefällt. Dieses wurde jetzt veröffentlicht (Az.: I ZR 174/10).

In dem Rechtsstreit ging es um einen Händler, der auf eBay ein Baugerät mit "2 Jahre Garantie" angeboten hat, ohne den Inhalt der Garantie näher zu erläutern. Dafür wurde er von einem Wettbewerber abgemahnt. Der Händler gab auch eine Unterlassungserklärung ab, allerdings nicht die vom Abmahner vorformulierte, sondern eine modifizierte. Die Forderung, Abmahnkosten in Höhe von 1.005,40 Euro zu bezahlen, lehnte der Händler ab.

Kurze Zeit später bot der Händler erneut ein Produkt auf eBay an, wieder mit der ungenauen Formulierung "2 Jahre Garantie". Wieder erhielt er vom Wettbewerber eine Abmahnung, verweigerte diesmal aber die Abgabe einer Unterlassungserklärung und die Zahlung der Abmahnkosten. Daraufhin erwirkte der Kläger eine einstweilige Verfügung und forderte vor Gericht die Erstattung der Kosten für die beiden Abmahnschreiben.

Das Landgericht Bochum gab der Klage zunächst statt, die Berufungsinstanz sah beide Abmahnungen hingegen als rechtsmissbräuchlich an. Sie habe vor allem dazu gedient, Ansprüche auf Kostenersatz und Vertragsstrafen entstehen zu lassen. Diesem Urteil schloss sich der Bundesgerichtshof an. Bei der Prüfung, ob es sich um eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung handle, seien unter anderen das Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung von Verstößen, die Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes, das Verhalten des Schuldners und das Verhalten sonstiger Anspruchsberechtigter zu berücksichtigen.

Einen deutlichen Hinweis darauf, dass es in diesem Fall nur um Geld gegangen sei, sah das Gericht in einer Klausel, die der Kläger in seine Unterlassungserklärung eingefügt hatte. Demnach sollte die Vertragsstrafe bei Zuwiderhandlung unabhängig von einem echten Verschulden fällig werden. Eine solche Verschärfung bedürfe es für die Wahrung der wettbewerbsrechtlichen Interessen nicht. Es handle sich nicht nur um eine Haftungsverschärfung, sondern sogar um eine Haftungsfalle.

Die zweite Abmahnung baue auf der ersten auf und teile daher deren missbräuchlichen Charakter, ebenso wie das darauf folgende Verfahren der einstweiligen Verfügung. Daher müsse der Händler die geforderten Kosten nicht bezahlen. (map)
(masi)