WOS 4: Free-Software-Vertreter kritisieren Creative-Commons-Lizenzen

Eine Bewegung in Richtung weniger geschützte Werke habe die Einführung von Creative Commons nicht gebracht, warfen Kritiker dem Initiator des Lizenzmodells, Larry Lessig, heute in Berlin vor.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 134 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Bei der Wahl von Creative-Commons-Lizenzen entscheiden sich Creative-Commons-Nutzer meist für die restriktiveren Varianten. Free-Software-Vertreter kritisierten bei der Wizard of OS 4 in Berlin Creative-Common-Initiator Larry Lessig dafür, dass damit die ursprüngliche Idee von einer größeren Bewegung für freie Kultur konterkariert werde. "Wenn ich mir die FreeCulture-Bewegung ansehe, bin ich wirklich besorgt," sagte FOSS-Aktivist Benjamin Mako Hill vom MIT Media Lab. Es fehle, so Hill, eine generelle Definition davon, was "Freiheit" eigentlich meine. "Creative Commons hat keine Bewegung in Richtung 'nicht mehr geschützte Werke' gebracht," kritisierte Hill. Generell würden heute weniger Programmierer freie Software programmieren als noch in den 90er-Jahren. Die "Gemeinde" müsse sich daher grundsätzlich darüber verständigen, wo man hin wolle.

Hill arbeitet derzeit zusammen mit anderen an einer Definition dessen, was man für unveräußerliche Rechte oder Freiheiten halte. Doch Lessig konterte: "Der Streit geht doch darum, ob Free-Software-Vertreter den Leute sagen können, ihr seid nicht frei, wenn ihr nicht diese Ideen hier übernehmt." Die Verständigung innerhalb der FOSS-Bewegung über die Ideen von freier oder nicht freier Software seien durch einen Diskussionsprozess vereinbart worden. Genau dieser Prozess muss auch in anderen Gemeinschaften passieren, bei Musikern, Architekten und klassischen Autoren. "Niemand kann das diktieren."

Creative Commons wolle genau den Prozess anstoßen, in dem sich die Mitglieder der jeweiligen Gemeinde über ihre "Freiheiten" verständigen. Den Vorwurf, dass das Commons-Modell letztlich auf der Idee des Urheberrechts basiere, konterte Lessig damit, dass er durchaus für ein reformiertes Urheberrecht sei. "Das Urheberrecht in seiner jetzigen Form ist furchtbar." Der Ärger mit Lizenzen sei "eine Verschwendung von Zeit". Um das derzeitige System umzubauen, sei aber entscheidend, eine größere Öffentlichkeit überhaupt erst einmal für die Idee einer neuen Art der Produktion kreativer Werke zu gewinnen.

Lessig räumte ein, dass mit den verschiedenen Lizenzmodellen auch Inkompatibilitäten entstehen. "Ich sehe die Gefahr. Mehrere Lizenzen sind möglich, aber ich denke auch, es sollten unter zehn sein." Man versuche allerdings den immer neuen Vorschlägen für zusätzliche Lizenzen entgegenzuwirken, sagte Lessig. Die sechs Kern-Lizenzvarianten der Commons sollen ab Oktober zudem grafisch deutlicher zeigen, wie liberal oder restriktiv sie sind. Dazu werden sie farbig: ein rotes Label bedeutet besonders eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten, grün bedeutet freie Nutzung.

Zur Wizards of OS 4 siehe auch

(Monika Ermert) / (pmz)