Nokia stürzt weiter ab

Nokia ist im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2012 noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht und verzeichnet erneut einen Milliardenverlust. Beobachter machen sich langsam ernste Sorgen.

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Die Nachrichten über Nokia könnten besser sein: Massiver Stellenabbau, die Bonität auf Ramschniveau – und immer wieder rote Zahlen. Um Schlagzeilen wie "Am Abgrund" oder "Letzter Ausweg" ist der einst so stolze finnische Handyhersteller wahrlich nicht zu beneiden. Noch steckt der wankende Riese die Rückschläge weg, doch machen sich die Finanzexperten langsam ernste Sorgen um Nokias Geldreserven. Auch das Ergebnis des zweiten Quartals 2012 ist nicht geeignet, die nervösen Analysten zu beruhigen.

Nokia ist im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2012 noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht und verzeichnet erneut einen Milliardenverlust. Der Handyhersteller weitete seine Verluste von 368 Millionen Euro im Vorjahresquartal auf 1,4 Milliarden Euro aus. Zugleich ging der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent von 9,3 auf 7,5 Milliarden Euro zurück.

Das Unternehmen verweist in seiner Mitteilung (PDF-Datei) vom Donnerstag auf Restrukturierungskosten, Abschreibungen auf Lagerbestände und einen negativen Steuereffekt, der mit rund 800 Millionen Euro zu Buche schlägt. Die gute Nachricht: Im Vergleich zum ersten Quartal des Jahres zog der Umsatz wieder etwas an – und die Problemtochter Nokia Siemens Networks ist operativ wieder in den schwarzen Zahlen.

Die Gerätesparte verzeichnete einen Umsatzrückgang von 26 Prozent auf etwas über 4 Milliarden Euro. Der Geräteabsatz ging insgesamt um 5 Prozent von 88,5 Millionen Stück im Vorjahresquartal auf 83,7 Millionen Stück zurück. Der Verkauf von Einfachhandys läuft wieder besser, Nokia konnte den Absatz von 71,8 Millionen Stück im Vorjahr auf 73,5 Millionen Stück steigern.

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Bei den Smartphones hält der Schwund weiter an, der ehemalige Marktführer verkaufte im zweiten Quartal 2012 noch 10,2 Millionen Stück. Im Vorjahresquartal waren es 16,7 Millionen, im ersten Abschnitt des laufenden Jahres 11,9 Millionen. Den Absatz der neuen Lumia-Serie konnte Nokia auf 4 Millionen Stück verdoppeln. Die Marktführer Samsung und Apple verkaufen 35 bis 40 Millionen Smartphones in einem Vierteljahr.

CEO Stephen Elop spricht von einem "schwierigen Quartal". Er rechnet mit positiven Effekten der nächsten Windows-Phone-Generation auch für die Lumia-Smartphones. Bisher dürfte die Tatsache, dass Lumias mit Windows Phone 7 kein Update auf Version 8 erhalten können, allerdings eher negativ auswirken. "Wir ziehen unser Restrukturierungsprogramm mit Dringlichkeit durch", betonte der CEO. Elop hatte im Juni angekündigt, insgesamt 10.000 Arbeitsplätze abzubauen.

Nokia braucht dringend Erfolge, um aus der Abwärtsspirale herauszukommen. Der Strategiewechsel von CEO Stephen Elop, der mit Microsofts Windows Phone das Ruder herumreißen will, greift offenbar noch nicht – obwohl die Lumia-Smartphones zeigen, was Nokia kann. Er hatte nach seiner historischen Rede von der "Burning Platform" bereits angekündigt, dass es ein steiniger Weg sein werde. Im Moment sieht es allerdings so aus, als müsse er dabei zusehen, wie ihm Nokia unter den Händen verbrennt. So ist auch bereits der Ausblick auf das dritte Quartal düster: Es solle "schwierig" werden, meinte Elop.

[Update 19.07.2012 13:25]:

Unter anderem der im Vergleich zum Vorquartal nicht ganz so schlechte Umsatz reichte offensichtlich für einige Investoren als Hoffnungsschimmer vorerst aus. Der Kurs der Nokia-Aktie machte nach Vorstellung der Zahlen erst einmal einen Sprung nach oben - allerdings auf Basis des niedrigen Vortags-Schluskurses von 1,38 Euro. Die Nokia-Aktie war zeitweise fast schon zum Penny-Stock geworden; die Rating-Agentur Moody's hatte zudem erst vor Kurzem das Nokia-Papier auf Ramschniveau herabgestuft.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Nokia in Euro
Quartal Umsatz Nettogewinn
1/00 6,5 Mrd. 0,91 Mrd.
2/00 7 Mrd. 0,98 Mrd.
3/00 7,58 Mrd. 0,92 Mrd.
4/00 9,28 Mrd. 1,21 Mrd.
1/01 8 Mrd. 1,05 Mrd.
2/01 7,35 Mrd. 0,83 Mrd.
3/01 7 Mrd. 0,76 Mrd.
4/01 8,79 Mrd. 1,15 Mrd.
1/02 7 Mrd. 0,92 Mrd.
2/02 6,94 Mrd. 0,90 Mrd.
3/02 7,2 Mrd. 0,88 Mrd.
4/02 8,8 Mrd. 1,24 Mrd.
1/03 6,7 Mrd. 0,97 Mrd.
2/03 7,02 Mrd. 0,66 Mrd.
3/03 6,9 Mrd. 0,86 Mrd.
4/03 8,79 Mrd. 1,17 Mrd.
1/04 6,63 Mrd. 0,82 Mrd.
2/04 6,64 Mrd. 0,71 Mrd.
3/04 6,94 Mrd. 0,66 Mrd.
4/04 9,063 Mrd. 1,019 Mrd.
1/05 (*) 7,396 Mrd. 0,863 Mrd.
2/05 8,059 Mrd. 0,799 Mrd.
3/05 8,403 Mrd. 0,881 Mrd.
4/05 10,333 Mrd. 1,073 Mrd.
1/06 9,507 Mrd. 1,048 Mrd.
2/06 9,813 Mrd. 1,140 Mrd.
3/06 10,100 Mrd. 0,845 Mrd.
4/06 11,701 Mrd. 1,273 Mrd.
1/07 9,856 Mrd. 0,979 Mrd.
2/07 12,587 Mrd. 2,828 Mrd.
3/07 12,898 Mrd. 1,563 Mrd.
4/07 15,717 Mrd. 1,835 Mrd.
1/08 12,660 Mrd. 1,222 Mrd.
2/08 13,151 Mrd. 1,103 Mrd.
3/08 12,237 Mrd. 1,087 Mrd.
4/08 12,662 Mrd. 0,576 Mrd.
1/09 9,274 Mrd. 0,122 Mrd.
2/09 9,912 Mrd. 0,287 Mrd.
3/09 9,810 Mrd. -0,913 Mrd.
4/09 11,988 Mrd. 0,948 Mrd.
1/10 9,522 Mrd. 0,349 Mrd.
2/10 10,003 Mrd. 0,227 Mrd.
3/10 10,270 Mrd. 0,529 Mrd.
4/10 12,653 Mrd. 0,745 Mrd.
1/11 10,399 Mrd. 0,344 Mrd.
2/11 9,275 Mrd. -0,368 Mrd.
3/11 8,980 Mrd. -0,068 Mrd.
4/11 10,005 Mrd. -1,072 Mrd.
1/12 7,354 Mrd. -0,929 Mrd.
2/12 7,542 Mrd. -1,410 Mrd.
(*) Ergebnis seit Q1 2005 ausgewiesen nach neuen IFRS-Bilanzierungsregeln.

(vbr)