Frühwarnsystem gegen Alzheimer

Forscher arbeiten an neuen Methoden, mit denen die Demenzerkrankung Jahrzehnte vor den ersten Symptomen diagnostiziert werden kann.

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Von
  • Karen Weintraub

Forscher arbeiten an neuen Methoden, mit denen die Demenzerkrankung Jahrzehnte vor den ersten Symptomen diagnostiziert werden kann.

Die ersten Anzeichen von Alzheimer lassen sich schon 25 Jahre vor dem ersten größeren Gedächtnisverlust feststellen – zumindest bei erblichen Varianten der Demenzerkrankung. Das ist das Ergebnis einer Studie von Forschern um den Neurologieprofessor Randall Bateman von der Washington University School of Medicine, die mit bildgebenden Verfahren und biologischen Tests eine detaillierte Chronologie der molekularen Veränderungen im Körper der Betroffenen erstellt hat. Dabei finden sich Indizien im Gehirn, die sich mittels Magnetresonanztomographie erfassen lassen, ebenso wie Hinweise in der Rückenmarksflüssigkeit und im Blutbild.

Die Entwicklung von Biomarkern, mit denen der typische Verlauf von Alzheimer verfolgt und vorhergesagt werden kann, wäre für Medikamentenstudien wichtig – auch, weil Veränderungen dieser Moleküle zeigen könnten, dass ein Wirkstoff wirklich greift. Behandlungsverfahren stehen derzeit noch ganz am Anfang. Das liegt unter anderem daran, dass die Patienten die verfügbaren Medikationen normalerweise erst dann erhalten, wenn es schon sichtbare Symptome gibt – und die Hirnschädigung womöglich irreversibel wurde. "Unsere Studie liefert das bislang wohl kompletteste Bild darüber, was sich im Körper verändert, in welcher Reihenfolge und wie stark", sagt Bateman. Mit dieser medizinischen Landkarte, die der Krankheit eine unverwechselbare Signatur gibt, könnten Ärzte besser einschätzen, welche Behandlungsformen hilfreich sind und Zwischenmaßnahmen ergreifen, bis es zum vollständigen Alzheimer-Ausbruch kommt.

Batemans verwendetes Datenmaterial geht auf Untersuchungen von 128 Personen zurück, die eine erbliche Form der Alzheimer-Erkrankung in sich tragen. Diese verursacht Symptome schon im Alter zwischen 30 und 40 – und nicht erst nach 65, jenem Alter, in dem die meisten der fünf Millionen aktuell betroffenen Amerikaner mit Alzheimer sind. Das Ergebnis: 25 Jahre vor den eigentlichen Symptomen verringert sich das Niveau des Proteins AB42, das mit Alzheimer in Verbindung gebracht wird. 15 Jahre vor den Symptomen steigen die Werte bei einem anderen Protein – Tau. Gleichzeitig wird ein Schrumpfen des Gehirnvolumens sichtbar. 10 Jahre vor den ersten Symptomen sinkt der Konsum von Glukose durch das Gehirn und erste Gedächtnisstörungen sind messbar.

Familienmitglieder, die das "Alzheimer-Gen" nicht erbten, zeigen die frühen Anzeichen dagegen nicht. Die Biomarker scheinen also in der Lage zu sein, zwischen Menschen mit Frühphasen-Alzheimer und gesunden Personengruppen unterscheiden. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Messung dieser Veränderungen auch Alzheimer in der Normalbevölkerung vorhersagen kann. Die Washington-University-Forscher suchen derzeit nach weiteren betroffenen Familien, um möglichst viele Daten zu gewinnen – dabei soll es jeweils über drei Generationen gehen.

Bateman nimmt mit seinem Team außerdem an einer Reihe weiterer Studien teil, bei denen geprüft werden soll, ob Alzheimer womöglich verhindert werden kann. Die jeweils zwei Jahre andauernden Untersuchungen werden ebenfalls an Personengruppen durchgeführt, die Gene in sich tragen, die für eine frühzeitig auftretende, erbliche Form von Alzheimer sprechen. Batemans neue Biomarker werden dabei eingesetzt, um zu prüfen, ob es Medikationen geben könnte, die den Ausbruch verhindern oder zumindest verlangsamen können. (bsc)