Arbeitsvertrag: Kettenbefristung kann Rechtsmissbrauch sein

Auch wer einen guten Grund für die mehrfache Befristung eines Arbeitsvertrages hat, muss künftig damit rechnen, dass ihm Missbrauch vorgeworfen wird.

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Von
  • Marzena Sicking

Erst im Januar hatte der Europäische Gerichtshof die mehrfache Befristung von Arbeitsverträgen erlaubt. Als Voraussetzung sollte der Arbeitgeber jedoch einen guten Grund dafür nennen können, warum der Arbeitsvertrag immer wieder befristet verlängert wird, statt in einen "normalen" Arbeitsvertrag umgewandet zu werden. Das Urteil wurde von den Unternehmen freudig begrüßt.

Sie hätten vielleicht das Kleingedruckte lesen sollen. Denn wie der EuGH in seinem Urteil ebenfalls erklärte, kann bei einer auffälligen Häufung und Dauer durchaus eine Missbrauchskontrolle angebracht sein. Einen solchen Fall sah jetzt das Bundesarbeitsgericht vor sich und entschied (Urteil vom 18.7.2012, Az.: 7 AZR 443/09), dass eine Kettenbefristung unwirksam sein kann, auch wenn der Arbeitgeber durchaus triftige Gründe für sein Vorgehen vorgelegt hat.

Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die insgesamt 11 Jahre lang als Vertretung beim Amtsgericht Köln beschäftigt war. In dieser Zeit hatte sie insgesamt 13 befristete Verträge erhalten. Die Befristung umfasste ihre gesamte Erwerbsbiographie. Als sie wieder nur einen befristeten Vertrag erhielt, klagte sie auf Festanstellung.

Zwar hatte der Arbeitgeber tatsächlich gute Gründe für die Befristung – die Frau wurde jedesmal nur als Vertretung für Mitarbeiter, die sich in Sonderurlaub oder Mutterschutz befanden, eingestellt –, doch die Gesamtdauer von elf Jahren ging den Richtern zu weit. Bei objektiver Betrachtung spreche einiges dafür, dass die Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt wurde. Oder anders ausgedrückt: wenn ein Arbeitsvertrag über elf Jahre hinweg immer wieder verlängert wird, dann ist es ziemlich offensichtlich, dass der Bedarf an der Arbeitskraft doch dauerhaft besteht.

Der Klage der Arbeitnehmerin gab der Siebte Senat des Budesarbeitsgerichts aber dennoch nicht statt. Vielmehr wurde die Klage an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen. Dort soll der Fall nochmal verhandelt werden, um dem beklagten Land die Gelegenheit zu geben, weitere besondere Umstände vorzutragen, die den Verdacht des Rechtsmissbrauchs doch noch ausräumen könnten.

Arbeitgeber, die Arbeitsverträge mehrfach befristen wollen, sollten sich künftig also nicht darauf verlassen, dass der Vertretungsbedarf allein als Begründung dafür ausreichen wird. (gs)
(masi)