Yahoo unterliegt im Rechtsstreit um Auktionsseiten mit Nazi-Andenken

Vor fünf Jahren klagten französische Organisationen gegen Nazi-Andenken auf Yahoo-Websites. Nun entschied ein Berufungsgericht in Kalifornien zu Ungunsten des Portalbetreibers.

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Ein US-amerikanisches Berufungsgericht hat es abgelehnt, eine juristische Auseinandersetzung zwischen dem Internetdienstleister Yahoo und den französischen Organisationen Ligue Contre le Racisme Et l'Antisemitisme (LICRA) und Union des Opinion Etudiants Juifs de France (UEJF) erneut aufzurollen. Damit bleibt ein Urteil des Ninth U.S. Circuit Court of Appeals in San Francisco zu Gunsten der Liga gegen Rassismus und Antisemitismus und der jüdischen Studentenvereinigung bestehen. Diese hatten im Jahr 2000 vor einem Pariser Gericht geklagt, um Yahoo-Auktionsseiten mit Nazi-Andenken sperren zu lassen, und gewonnen. In den folgenden Auseinandersetzungen ging es unter anderem darum, ob das französische Urteil auf ein in den USA ansässiges Unternehmen angewendet werden kann.

Der Internetdienstleister war in Frankreich dazu verurteilt worden, innerhalb von drei Monaten die Auktionsseiten für französische Bürger unzugänglich zu machen, auf denen mit Nazi-Andenken gehandelt wird. Für jeden Tag, den die inkriminierten Seiten über diese Frist hinaus von französischen Internetnutzern aufgerufen werden könnten, hätte Yahoo 100.000 Franc Strafe zahlen müssen. Da es Yahoo technisch nicht möglich erschien, Nutzer bestimmter Länder sauber auszufiltern und auszusperren, nahm das Unternehmen die besagten Auktionen vom Netz. Damit war der Konflikt aber noch nicht aus der Welt, denn der Portalbetreiber ging vor das Bundesbezirksgericht im Northern District of California in San Jose in der Überzeugung, das französische Urteil widerspreche dem im ersten Zusatz zur US-Verfassung festgehaltenen Recht auf freie Meinungsäußerung.

Das Bundesbezirksgericht entschied zu Gunsten von Yahoo. Das wiederum ließen die LICRA und UEJF nicht auf sich sitzen und zogen vor das Berufungsgericht in San Francisco, das das Urteil der Vorinstanz aufhob. Daraufhin beantragte Yahoo eine Verhandlung vor einer elfköpfigen Jury, die im März vergangenen Jahres abgehalten wurde. In der nun veröffentlichten Entscheidung (PDF-Datei) heißt es, die Jury habe mit sechs zu fünf gegen Yahoo gestimmt, und zwar mit zwei verschiedenen Argumenten.

Drei Jury-Mitglieder meinten, das kalifornische Gericht sei nicht zuständig für die französischen Organisationen. Die anderen drei befanden im Gegensatz zu den fünf weiteren Jury-Mitgliedern, der Fall sei für eine Entscheidung nicht "reif" genug. Indem das Unternehmen freiwillig die angemahnten Inhalte vom Netz nahm, blieben dem Gericht nur Spekulationen darüber, ob der freie Zugang zu Internet-Inhalten für US-Amerikaner eingeschränkt worden wäre, wenn Yahoo versucht hätte, einige Inhalte für Franzosen zu sperren. Angesichts dessen bleibe die Frage übrig, ob kalifornische Gesetze und der erste Verfassungszusatz auch einen uneingeschränkten Zugang zum Internet für Nicht-US-Amerikaner verlangt. Das sei eine schwierige und in einigen Teilen nicht gelöste Frage.

Der nun gut fünf Jahre andauernde Rechtsstreit könnte damit aber noch nicht beendet sein. Yahoo hat noch die Möglichkeit, die Entscheidung der Jury vor dem Supreme Court anzufechten. Der US-amerikanische Rechtsexperte Joel Reidenberg, der sich im Zusammenhang mit dem Yahoo-Fall generell mit der "internationalen Demokratisierung" des Internet auseinandergesetzt hat, zeigte sich über das aktuelle Urteil alarmiert. Laut CNet vertrete die Mehrheit der Jury die Meinung, sie sei für den Fall zuständig. Falls sich diese Ansicht durchsetze, hätten US-Unternehmen, die Rechtsstreitigkeiten im Ausland verlieren, die Möglichkeit, daheim den Fall erneut aufzurollen. Ebenso könnten umgekehrt ausländische Unternehmen, die vor US-Gerichten scheitern, sich an Richter in ihren Heimatländern wenden. (anw)