Licht kontrolliert Primatengehirn

Erstmals ist es Forschern gelungen, das Verhalten von Affen mit Hilfe einer neuartigen Technik zu beeinflussen, bei der sich genetisch veränderte Nervenzellen im Gehirn mit Lichtimpulsen kontrollieren lassen.

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Von
  • Susan Young

Erstmals ist es Forschern gelungen, das Verhalten von Affen mit Hilfe einer neuartigen Technik zu beeinflussen, bei der sich genetisch veränderte Nervenzellen im Gehirn mit Lichtimpulsen kontrollieren lassen.

Um die Neuronen zu manipulieren, nutzten die Forscher um Wim Vanduffel von der Harvard Medical School zunächst ein Virus, um ein verändertes Gen in das Gehirn einzubringen. Es sorgt in Nervenzellen dafür, dass ein lichtempfindliches Protein erzeugt wird, das als eine Art Schalter dient: Bestrahlt man es mit einer bestimmten Lichtfarbe, die über implantierte optische Fasern in das Gehirn gelangt, werden die Nervenzellen angeregt. Ein anderes Gen lässt sich wiederum nutzen, um Nervenzellen auf gleichem Weg zu deaktivieren. So lassen sich Neuronen quasi nach Belieben an- und ausschalten.

Das Verfahren aus der sogenannten Optogenetik könnte zu einem wertvollen neuen Werkzeug werden, mit dem sich untersuchen lässt, wie komplexe Kognitionsprozesse im Gehirn ablaufen. Das Forschungsgebiet Optogenetik ist erst sieben Jahre alt und soll Neurowissenschaftlern eine genauere Methode an die Hand geben, die Verbindungen zwischen verschiedenen Gruppen von Nervenzellen zu untersuchen, die im Gehirn komplizierte Schaltkreise bilden. Diese beeinflussen das Verhalten eines Lebewesens ebenso wie sein Gefühlsleben und können, wenn sie nicht korrekt arbeiten, beim Menschen Krankheiten von Depressionen bis hin zu Parkinson auslösen.

Wissenschaftler konnten mittels Optogenetik bereits das Verhalten von Mäusen kontrollieren – und seit längerem schon das von Fadenwürmern. Der Schritt hin zum Rhesusaffen ist dennoch bedeutsam. Edward Boyden, der die Optogenetik am MIT entscheidend mitentwickelte, hatte zwar bereits gezeigt, dass sich die neuronale Aktivität im Primatenhirn verändern lässt. Verhaltensänderungen ergaben sich daraus aber nicht. "Die Leute fragten sich, ob es eine große Herausforderung sein würde, dies bei Affen zu erreichen. Das ist sehr wichtig, wenn man die fortgeschrittene Kognition untersuchen will oder sogar bereits über klinische Anwendungen beim Menschen nachdenkt."

Die Verhaltensänderung, die in der neuen Studie nun nachweisbar gezeigt wurde, ist recht subtil: Zwei Affen wurden darauf trainiert, ihre Augen bewusst auf ein Ziel auf dem Bildschirm zu richten, wenn sie ein Signal bekamen. Wurden die optogenetisch veränderten Nervenzellen durch Licht stimuliert, beschleunigte sich die neuronale Antwort – die Affen erledigten die Aufgabe schneller. "Es zwar ist ein einfaches Problem, aber ein kognitives Problem", sagt Vanduffel, der mit Boyden an der Studie arbeitete. "Es ist ein Sprungbrett, das uns neue Forschungsmöglichkeiten eröffnet."

Der Wissenschaftler glaubt, dass die Optogenetik langfristig gesehen auch für therapeutische Verfahren interessant sein könnte, weil sich sehr spezifisch Zelltypen aktivieren und deaktivieren lassen. "Man kann Bereiche ansprechen, die für bestimmte Krankheiten wichtig sind – und das sehr viel genauer, als es mit Medikamenten oder einer elektrischen Stimulierung möglich wäre." Bis es praktisch so weit ist, könnten aber noch viele Jahre vergehen. (bsc)