GPLv3 - der erste Entwurf

Die neue Version 3 der GPL lehnt DRM grundsätzlich ab und verhindert explizit, dass Softwarepatente die durch sie garantierten Rechte aushebeln.

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Von
  • Oliver Diedrich

Das im September letzten Jahres gestartete Projekt zur Diskussion der GPL hat den ersten Entwurf der neuen Version 3 der GNU General Public License (GPL) fertig gestellt. Auf einer eigenen GPLv3-Seite bietet die Free Software Foundation (FSF) jetzt allen Interessierten die Möglichkeit, den weiteren Diskussionsprozess zu verfolgen und sich daran zu beteiligen. Die GPL ist die wichtigste Lizenz für Open-Source- und freie Software; beispielsweise stehen rund zwei Drittel der gut 75.000 auf Sourceforge.net gehosteten Projekte unter der GPL.

Wie schon die aktuelle, mittlerweile 15 Jahre alte Version 2 schützt auch die neue Version die grundlegenden Rechte der Anwender: Das Recht, Software weiterzugeben, den zugehörigen Quellcode zu erhalten, die Software zu verändern und Teile davon für eigene Open-Source-Programme zu verwenden (Copyleft). Till Jaeger, Mitbegründer des Institus für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS), sieht mit der Vorlage zur öffentlichen Diskussion einen positiven Prozess angestoßen. "Die GPLv3 schafft mehr Rechtssicherheit und berücksichtigt sowohl die Anforderungen, die sich aus der internationalen Anwendung der Lizenz ergeben, als auch neue technische Entwicklungen wie DRM", so Jaeger gegenüber heise online.

DRM-Software, im Text der Lizenz als Digital Restrictions Management bezeichnet, schließen die Autoren ausdrücklich als unvereinbar mit der GPLv3 aus. Der ausführliche Kommentar zur GPLv3 erläutert die Gründe dafür: Eine Lizenz, die die Freiheiten der Anwender bei der Benutzung der Software schützen will, könne keine Einschränkungen der Freiheit durch DRM akzeptieren. Verwendet ein "System" zum Zugriff auf irgendwelche Daten GPL-Software, muss es mindestens erlaubt sein, andere Software zum Zugriff auf diese Daten zu entwickeln. Das dürfte den Einsatz von GPL-Code im Zusammenhang mit Kopierschutzmaßnahmen unmöglich machen.

Die Definition von Quellcode wurde ausgeweitet: Der complete corresponding source code umfasst alles, was nötig ist, um ein Programm zu verstehen, zu verändern, zu übersetzen und zu benutzen. Dazu gehören beispielsweise auch Verschlüsselungscodes, die nötig sind, um die Software -- etwa auf einer speziellen Hardware wie einem Netzwerkgerät -- zu installieren.

Verstöße gegen die Bedingungen der GPL führen nicht mehr sofort zu einem automatischen Erlöschen der Lizenz und damit zu einer Urheberrechtsverletzung. Dadurch wollen die Autoren verhindern, dass versehentliche GPL-Verletzungen gleich dramatische Folgen haben. In Deutschland, so die Einschätzung von Jaeger, schwäche das die GPL allerdings ein Stück weit.

Mehr Rechtssicherheit entsteht durch klarere Formulierungen. So trifft die GPLv3 explizit Vorsorge, dass die durch sie garantierten Freiheiten nicht durch Patentansprüche ausgehebelt werden: Distributoren von unter der GPLv3 stehender Software sind verpflichtet, alle dadurch betroffenen eigenen Softwarepatente an die Empfänger zu lizenzieren -- eine Proprietarisierung von GPL-Software durch das Hinzufügen von offengelegtem, aber durch Patente geschütztem Code wird so verhindert.

Deutlicher geworden ist die GPL auch, was die Kompatibilität mit anderen Open-Source-Lizenzen angeht: Alle Software-Lizenzen, die ausdrücklich auch einen Vertrieb unter GPL zulassen, sind kompatibel mit der GPLv3. Zudem dürfen Entwickler eigenen Code, den sie einem GPL-Programm hinzufügen, unter in Grenzen engeren Restriktionen lizenzieren. Erlaubt sind beispielsweise "Patent-Konter", um Anwendern, die einer wegen Softwarepatenten klagenden Partei nahe stehen, die Erlaubnis zur Nutzung entziehen. (odi)