Verständlich per Verordnung

Neben Englisch und Französisch gibt es auf den Webseiten des Bundes neuerdings eine weitere Sprachvariante – einfaches Deutsch.

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Neben Englisch und Französisch gibt es auf den Webseiten des Bundes neuerdings eine weitere Sprachvariante – einfaches Deutsch.

Seit Anfang des Jahres steht oben rechts auf der Webseite der Bundesregierung – und einiger Ministerien – ein bemerkenswerter Link: "Leichte Sprache". Was verbirgt sich dahinter? Das „Netzwerk Leichte Sprache“ formuliert es so:

„Leichte Sprache ist besonders wichtig für Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Leichte Sprache ist auch gut für alle anderen Menschen.

Zum Beispiel:

Für Menschen, die nicht so gut lesen können.

Für Menschen, die nicht so gut Deutsch können.“

Auf der Webseite des Netzwerkes findet sich auch eine Broschüre, die sagt, wie man Leichte Sprache schreiben soll. Vieles davon steht in jedem Stilbuch: aktive Sprache bevorzugen, viele Verben verwenden, einfache Wörter nehmen, kurze Sätze machen, positiv schreiben („gesund“ statt „nicht krank“). Einige Sachen sind aber sehr speziell: Lange Worte („Bundes-Gleichstellungs-Gesetz“) sind mit einem „Binde-Strich“ zu trennen, Genitive, Konjunktive und Fragen zu vermeiden. Das Ergebnis klingt ein wenig nach „Sendung mit der Maus“. Das meine ich durchaus anerkennend – es gibt schlechtere sprachliche Vorbilder.

Hintergrund ist die Neufassung der "Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung" vom September 2011. Sie schreibt unter anderem vor, dass die öffentlich zugänglichen Webseiten des Bundes bis März 2014 in Leichter Sprache erklären müssen, was die jeweilige Behörde macht und was auf ihren Webseiten zu finden ist.

Bisher gibt es nur wenige Inhalte in Leichter Sprache. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erklärt zum Beispiel das "Persönliche Budget" in Leichter Sprache. Auch den "Nationalen Aktionsplan" der Bundesregierung gibt es in Leichter Sprache.

Texte in Leichter Sprache zu schreiben ist gar nicht so einfach. Beim Bundespresseamt funktioniert das so: Der Ausgangstext geht an ein spezialisiertes Übersetzungsbüro; das schickt dann eine Fassung in Leichter Sprache zurück ans Presseamt. Hier überprüfen die Mitarbeiter, ob sachlich alles stimmt. Anschließend wird der Text noch einmal Menschen mit Lernschwierigkeiten vorgelegt – wenn die etwas nicht verstehen, muss die Sprache weiter vereinfacht werden.

Ein ganz schöner Aufwand also. Deshalb sei es auch nicht geplant, für alle Webseiten eine Fassung in Leichter Sprache zu erstellen, heißt es beim Bundespresseamt – höchstens für einschlägige Themen wie den neuen Schwerbehinderten-Ausweis.

Eigentlich schade. Als Alternative zur Alltagssprache wäre mir die Leichte Sprache auf Dauer zwar zu holprig. Aber jederzeit mit einem Klick in eine einfachere Fassung wechseln zu können, wenn umständlicher Behördenjargon mal wieder nervt – das hätte auch für Menschen ohne Lernschwierigkeiten einen ziemlichen Charme. (grh)