Musterwiderrufsbelehrung genügt Deutlichkeitsgebot nicht

Wer die offizielle Muster-Widerrufsbelehrung einsetzt, darf sich darauf verlassen, dass diese gültig ist. Auch wenn man beim genaueren Hinschauen durchaus Fehler entdecken kann.

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Von
  • Marzena Sicking

Der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil Stellung zur Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung nach dem Muster der BGB-Informationspflichten-Verordnung bezogen (Urteil vom 15.08.12 VIII ZR 378/11). Diese ist demnach gültig, auch wenn sie wohl nicht jeder Detailsprüfung standhalten kann.

Geklagt hatte eine Leasinggesellschaft gegen einen Ex-Kunden. Mit diesem hatte man im November 2006 einen Leasingvertrag für einen Audi A6 abgeschlossen. Die Laufzeit betrug 54 Monate, alle vier Wochen waren 640 Euro fällig. Eine Belastung, der der Kunde offenbar nicht gewachsen war, denn ab Juni 2009 blieben die Zahlungen aus. Daraufhin kündigte die Leasinggesellschaft den Vertrag fristlos. Der Kunde reagierte auf die Kündigung, in dem er seinerseits den Vertrag widerrief.

Zugleich reichte die Firma Klage gegen den ehemaligen Kunden ein und verlangte insgesamt 19.341,37 Euro plus Zinsen für rückständige Leasingraten, sowie einen Restwertausgleich und Sicherstellungskosten. Die ersten Instanzen gaben der Leasingfirma Recht. Doch der Kunde wollte dies nicht akzeptieren. Denn seiner Ansicht nach war die Widerrufserklärung nicht gültig, die Frist hatte somit nicht zu laufen begonnen und sein Widerruf des Vertrages demnach rückwirkend wirksam.

Die im Leasingvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung entspricht dem Text der Musterbelehrung der BGB-Informationspflichten-Verordnung. Die vom Kunden bemängelte Passage lautet wie folgt: "(…) Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. (…)"

Wie der unter anderem für das Leasingrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden hat, genügt diese Widerrufsbelehrung dem in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF geregelten Deutlichkeitsgebots tatsächlich nicht. Denn die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es laut Stellungnahme des Gerichts dem Verbraucher nicht, den Beginn der Widerrufsfrist ohne weiteres zu erkennen.

Dennoch wurde die Revision des Kunden abgewiesen: Das Unternehmen dürfe sich darauf berufen, dass diese Muster-Widerrufsbelehrung der BGB-Informationspflichten-Verordnung entspricht und somit auch als ordnungsgemäß gilt. Dies werde von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 245 Nr. 1 EGBGB aF gedeckt und sei wirksam. Sinn und Zweck dieser Ermächtigung sei es, die Geschäftspraxis der Unternehmer zu vereinfachen und Rechtssicherheit für sie zu schaffen. Daher müsse sich der Unternehmer auch darauf berufen können, dass er eine die von ihm verwendete Musterbelehrung gesetzeskonform und daher gültig ist. Und da sie als gültig zu gelten habe, habe die Widerrufsfrist des Leasingvertrages bereits 2006 zu laufen begonnen, der Widerruf des Kunden käme daher viel zu spät. (masi)