Videoüberwachung in Österreich kommt mit Salamitaktik

100 Kameras allein für die Wiener S-Bahn-Station am Praterstern: Die Kosten für Videoüberwachung erhöhen auch die Fahrscheinpreise der Wiener Linien.

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Öffentliche österreichische Betriebe führen die Videoüberwachung ihrer Kunden mit einer Art Salamitaktik ein. Nach den stadteigenen Wiener Linien dürfen nun auch die im Eigentum der Republik stehenden ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) filmen und aufzeichnen. Entsprechende befristete Genehmigungen hat die Datenschutzkommission (DSK) erteilt. Allein die Wiener S-Bahn-Station am Praterstern soll mit 100 Kameras ausgestattet werden. Insgesamt möchte die ÖBB 160 Stationen und Bahnhöfe fernüberwachen. Tausend Kameras sind bereits installiert, die Aufnahmefunktionen werden innerhalb kürzester Zeit aktiviert.

Im März 2005 hatten die Wiener Linien eine Registrierung von Videoaufzeichnungen in neuen U-Bahn-Garnituren beantragt und bis Mitte 2006 bewilligt erhalten. Diese Registrierung wurde dann um zwei Jahre verlängert. Vergangenen Monat hat die DSK auch Aufnahmen in den U-Bahn-Stationen erlaubt. Für 1. Juni haben die Wiener Linien eine deutliche Erhöhung der Fahrscheinpreise angekündigt. In einer Aussendung führt die zuständige Stadträtin Renate Brauner (SPÖ) als Begründung unter anderem die "massiven" Investitionen in die Sicherheit an. Darunter versteht sie zuforderst Videoaufzeichungen in Zügen und Stationen. 2006 hatten die Wiener Linien 3,7 Millionen Euro in die Überwachungsanlagen in einigen neuen Zuggarnituren investiert. Sie erhoffen sich damit eine Reduzierung der Vandalismusschäden um 200.000 Euro pro Jahr. Rechnen wird sich die Investition nie, da die Technik spätestens nach acht Jahren ausgetauscht wird.

Diese Woche hat die DSK auch Videoaufzeichungen der ÖBB in Zügen und Stationen bis Mitte 2009 befristet registriert. Allen Bescheiden gemein ist, dass die Videoaufnahmen zunächst nur 48 Stunden gespeichert werden dürfen. Zusätzlich zu den gesetzlich geregelten Fällen sollen die Aufnahmen der Polizei zur Verfügung gestellt werden, "wenn zu erwarten ist, dass dadurch die Aufklärung einer vorsätzlich begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung gefördert werden kann". Zu bestimmten Terminen sollen die Betreiber der DSK statistische Daten über Vorfälle, Schadenssummen und Aufklärungsquoten aus videoüberwachten und nicht videoüberwachten Bereichen übermitteln.

Unterdessen werden die allermeisten Videoüberwachungsanlagen in Österreich nach Meinung von Juristen nach wie vor illegal betrieben. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)