Kritische Stimmen in der Debatte zu Online-Durchsuchungen

Während der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner Erforderlichkeit, Umsetzbarkeit und Verfassungsmäßigkeit von Online-Durchsuchungen in Frage stellt, will die Gewerkschaft der Polizei vor allem das neue BKA-Gesetz verabschiedet sehen.

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Von
  • Detlef Borchers

Mit den Antworten des Bundesinnenministerium auf Anfragen des Bundesjustizministeriums und der SPD über die Technik der Online-Durchsuchung hat die Debatte um den "Bundestrojaner" weiter Fahrt aufgenommen. Kritik gibt es vor allem an der Absicht, die Online-Durchsuchung in das zur Novellierung anstehende BKA-Gesetz aufzunehmen und damit im Eiltempo zu verabschieden. Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, sieht keinen Sinn darin, dass sich das Inkrafttreten des BKA-Gesetzes wegen der Online-Durchsuchung weiter verzögert. Gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger (Donnerstagsausgabe) erklärte Freiberg, das BKA-Gesetz könne ja ohne die Ermächtigung zur Online-Durchsuchung verabschiedet werden. Die Technik, die nach Aussagen von BKA-Chef Jörg Ziercke höchstens zehnmal im Jahr zum Einsatz kommen soll, werde in der politischen Debatte instrumentalisiert, so Freiberg. "Hier findet zum Teil ein politischer Schaukampf statt. Stattdessen müsste zunächst eine intensive Aufklärung der Bevölkerung erfolgen, um eine breit angelegte Willensbildung zu ermöglichen."

Ähnlich wie Freiberg warnte auch der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner im Interview mit der tageszeitung (Donnerstagsausgabe) vor der Kombination der Online-Durchsuchung mit dem BKA-Gesetz. Er sehe nicht, dass die SPD dieser Technik zustimmen könne. Er habe in drei Punkten Bedenken: "Erstens: Erforderlichkeit. Ich bezweifle, dass wir damit wirklich Terroristen aufspüren. Oder wollen wir auf diese Weise senile Pornografen finden? Damit, dass Onlinedurchsuchungen der Beweissicherung dienen, kann mir niemand kommen. Richterlich angeordnete Hausdurchsuchungen mit Computerbeschlagnahme gibt es schließlich jetzt schon. Und da kommt die Polizei nicht mit Blaulicht und Sirene. Zweitens: Umsetzbarkeit. Da muss ich mit vielen zweifelnden Fachleuten sagen: Terroristen sind doch nicht blöd. Die setzen sich ins Internetcafé. Drittens: Verfassungsmäßigkeit. Da möchte ich erst mal sehen, was die Richter in Karlsruhe zu dem Gesetz zu Onlinedurchsuchungen sagen, das die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf beschlossen hat."

Einen ausführlichen Einblick in die neuen Ausführungen des Bundesinnenministeriums zu den Plänen für Online-Razzien bietet c't Hintergrund in dem Bericht

Die heimliche Online-Durchsuchung von Computern stößt bei vielen Datenschützern und Juristen auf Skepsis. Sie melden grundsätzliche Bedenken an und warnen vor eventuell angestrebten Grundgesetzänderungen. Siehe dazu:

Zu den Auseinandersetzungen um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(Detlef Borchers) / (pmz)