Social Networking soll nicht von Fernsehrichtlinie erfasst werden

Von Nutzern generierte Internetangebote sollen aus der neuen Fernsehrichtlinie ausgeschlossen werden. Das entschied der Binnenmarkts- und Verbraucherschutzausschuss des EU-Parlaments.

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Von
  • Monika Ermert

Von Nutzern generierte Internetangebote sollen explizit aus der neuen Fernsehrichtlinie ausgeschlossen werden. Das entschied der Binnenmarkts- und Verbraucherschutzausschuss des Europäischen Parlaments bei seiner Sitzung gestern in Brüssel. Parlamentsberichterstatterin Heide Rühle von den Grünen zeigte sich zufrieden mit den in verschiedenen Punkten erzielten Kompromissen. Vor allem sei nun die Reichweite klarer umschrieben. "Der ganze Bereich des user generated content ist ausgenommen, die Richtlinie wird also etwa MySpace nicht erfassen." Auch Spiele oder Wettplattformen seien draußen. Außen vor bleiben schließlich auch Angebote, bei denen der Bewegtbildanteil lediglich eine marginale Rolle spielt.

Allerdings habe sie ihrerseits Zugeständnisse bei der Aufnahme nicht-linearer Dienste gemacht. Hatte sie sich zunächst für eine völlige Ausnahme aller so genannten "Dienste der Informationsgesellschaft" stark gemacht, anerkenne sie inzwischen: "Wir werden zunehmend Fernsehen auf Abruf bekommen. Daher habe ich am Ende dafür plädiert, fernsehähnliche nicht-lineare Dienste aufzunehmen." Neben TV on Demand sind in der jetzt vom Binnenmarktsausschuss verabschiedeten Fassung der Richtlinie für audiovisuelle Dienste Video auf Abruf oder der Archivzugang zu Sendungen kommerzieller Anbieter erfasst. Das BBC-Archiv, bei dem man bereits heute sieben Tage lang Sendungen abrufen könne, sei so etwa erfasst, erläutert Rühle.

Die Neufassung der Richtlinie soll auf die Digitalisierung und Konvergenz der Medien reagieren und einen Schritt in Richtung Angleichung der Regulierung audiovisueller Inhalte in verschiedenen Medien gehen – einschließlich mobiler Verbreitungswege und Internet. Im Zentrum der Neufassung stehen Änderungen der Werbevorschriften.

Mit der Beschränkung auf kommerzielle, fernsehähnliche Dienste ist der Ausschuss jüngsten Forderungen von Kritikern früherer Entwurfsfassungen entgegengekommen. Unter anderen hatte der Branchenverband Bitkom in der Diskussion vor einer allgemeinen "Content-Richtlinie" gewarnt. Auch im Sinne des Bitkom ist die Entscheidung des Binnenmarktsausschusses, das Herkunftslandprinzip für alle von der Richtlinie erfassten Angebote verbindlich zu machen. Der Verband Privater Rundfunk- und Telekommunikationsanbieter (VPRT) sieht das freilich anders. Würde das Herkunftslandprinzip für nicht-lineare Angebote verbindlich, werde der strenge deutsche Jugendschutz konterkariert, warnte der VPRT. Nach dem Herkunftslandprinzip sind die Regeln des jeweiligen Senderstandorts für die Anbieter ausschlaggebend.

Bedauerlich ist aus Sicht Rühles die Tatsache, dass noch keine Regelung zum Bereich Product Placement gefunden wurde. In diesem Bereich plädiert sie für ein differenziert gestaltetes Verbot, das zwischen linearen und nicht-linearen Diensten unterschiedet. Bei nicht-linearen Diensten sei darauf zu achten, so Rühle, dass Werbung auf den Abrufseiten nicht von Verbotsvorschriften erfasst werde. Solange die Werbung nicht innerhalb des eigentlichen inhaltlichen Angebotes stattfinde, müsse sie gestattet sein. Nonlineare Dienste seien als häufig kostenfreie Angebote auf die Refinanzierung durch Werbung auf dem Abrufportal angewiesen. Im Bereich Product Placement hofft Rühle nun auf Nachbesserungen durch den Kulturausschuss, der dem Entwurf noch seinen Segen geben muss, bevor er im Parlament verabschiedet werden kann. (Monika Ermert) / (anw)