Gericht: Prüfpflichten von Diensteanbietern müssen verhältnismäßig sein

Sony BMG Music scheitert mit Antrag auf einstweilige Verfügung gegen Betreiber von Newsserver.

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Von
  • Peter Mühlbauer

Die für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständige 7. Zivilkammer des Landgerichts München lehnte am heutigen Donnerstag einen von Sony BMG Music beantragten Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Elbracht Computer Netzwerk & Grafik Service GmbH ab (Az. 7 O 3950/07, PDF). Auslöser des Streits war das das im Usenet aufgetauchte Album "Das Beste" der Gruppe "Silbermond". Die Firma Elbracht Computer vertreibt mit United Newsserver einen schnellen und umfassenden Usenet-Zugang. Im Februar 2007 war über diesen Zugang auch das Silbermond-Album abrufbar, worauf Sony BMG Music eine Abmahnung verschickte und später eine einstweiligen Verfügung beantragte.

Das Gericht konnte jedoch keine Verletzung der Prüfpflichten und damit auch keine Störerhaftung feststellen. Der Aufwand für eine Prüfung muss nach der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung verhältnismäßig sein. "Der Diensteanbieter", so das Gericht, "muss nicht jeden nur denkbaren Aufwand betreiben, um die Nutzung rechtswidriger Inhalte zu vermeiden. Vielmehr muss die Bedeutung des Einzelfalls und der erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand sowie die Auswirkungen auf andere Teile des Dienstes und andere Nutzer im Verhältnis zueinander gesehen werden. Hiernach sind Maßnahmen zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde Inhalte dann als unzumutbar anzusehen, wenn sie einen erheblichen Aufwand erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch einen Zugriff auf entsprechende Informationsangebote über andere Netzverbindungen mit einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen werden kann."

Sony BMG Music konnte nicht darlegen, dass es eine Filter-Software gibt, welche die Menge an Daten verlässlich überprüft. Eine händische Überprüfung der vielen hundert Terabytes, die täglich das Usenet durchlaufen, stufte das Gericht als unzumutbar ein und betonte in seiner Entscheidung auch, dass die Menge der Daten im Usenet die in Online-Auktionshäusern bei weitem übersteigt. Eine Abschaltung des Servers wäre dem Gericht nach nur verhältnismäßig, "wenn alle beziehungsweise ein Großteil der im Usenet vorhandenen Inhalte rechtswidrig wären". Zudem, so das Gericht, "[...] würde selbst die Schließung des Usenet-Servers der Antragsgegnerin nicht dazu führen, dass die streitgegenständliche Musikdatei für immer aus dem Usenet verschwindet. Sie wäre vielmehr weiterhin über andere Usenet-Server abrufbar."

UseNeXT, ein anderer Anbieter von Usenet-Zugängen, war im Januar vor dem Hamburger Landgericht in einem ähnlich gelagerten Fall unterlegen, hat aber gegen die Entscheidung Widerspruch eingelegt. (pem/telepolis) (fr)