Gewerbliche Mietverträge: Preiserhöhung nach "billigem Ermessen" erlaubt

Gewerbliche Mieter müssen auch drastische Mieterhöhungen hinnehmen, wenn der bisherige Preis nicht mehr "ortsüblich" oder "angemessen" ist. Was das konkret bedeutet, muss der Vermieter nicht erklären.

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Von
  • Marzena Sicking

Wer einen Laden oder Büroräume mieten möchte, sollte sich das Kleingedruckte im Mietvertrag genau anschauen. Denn bei gewerblichen Mietern dürfen sich die Eigentümer einiges herausnehmen. So hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, das Preisanpassungsklauseln, die besagen, dass – vereinfacht ausgedrückt – die Miete vom Vermieter nach Belieben erhöht werden kann, hier tatsächlich erlaubt sind (Urteil vom 9.5.2012, Az.: XII ZR 79/10).

So halte eine Klausel der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand, die es dem Vermieter erlaubt, "bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen", heißt es in dem Urteil.

Geklagt hatte die Eigentümerin einer Steg- und Slipanlage, die sie mit einem "Nutzungsvertrag“ an einen Segelverein vermietet hatte. In einer Vertraugsklausel hatte sie sich das Recht zugesichert, jeweils nach Ablauf von drei Jahren prüfen zu dürfen, ob „das Nutzungsentgelt noch ortsüblich oder sonst angemessen ist“. Bei einer Änderung dürfte sie den "zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen festsetzen", hieß es darin weiter.

Tatsächlich erhöhte sie die Miete. Hatte der Segelverein zunächst nur 2099 D-Mark zu bezahlen, wurde die Miete 1999 schon auf 1.500 Euro und später noch einmal auf 2.000 Euro festgesetzt. Damit hatte sich der Mietpreis im Laufe weniger Jahre verdoppelt. Der Mieter wollte dies nicht mitmachen und akzeptierte nur die erste Mieterhöhung. Die Vermieterin klagte auf Zahlung der ihrer Ansicht nach noch ausstehenden Differenz.

Das zuständige Amtsgericht hatte ihre Klage jedoch mit der Begründung abgewiesen, die Mieterhöhungsklausel verstoße gegen das Transparenzgebot in § 307 BGB, weil für den Mieter nicht erkennbar sei, was "ortsüblich oder sonst angemessen" in der Praxis bedeuten können. Auch die erste Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Der XII. Senat des Bundesgerichtshofs hat diese Entscheidung jedoch aufgehoben und den Fall zur erneuten Verhandlung zurückgewiesen.

Laut BGH handle es sich bei der Nutzungsvereinbarung um einen gewerblichen Mietvertrag. Zeitpunkt und Anlass für eine Mieterhöhung seien für den Mieter deutlich erkennbar, verständlich und nachprüfbar. Der Begriff der ortsüblichen Miete sei im § 546 a Abs. 1 BGB, der der angemessenen Miete im § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hinreichend definiert. Als angemessen gelte die orts- und marktübliche Miete, die für vergleichbare Objekte bei einem Neuabschluss üblicherweise gefordert werde. Wenn die gezahlte Miete zum Zeitpunkt der Prüfung keinen ausreichenden Gegenwert mehr darstelle, darf die Miete erhöht werden. Eine genauere Begründung für die Mietanpassung sei nicht erforderlich.

Wie hoch genau die Mieterhöhung ausfällt, kann der Mieter im Vorfeld nicht erkennen. Dennoch ist auch das nach Ansicht der Richter ebenfalls in Ordnung, denn sie müsse "im Rahmen des Marktüblichen" liegen. Eine weitere Konkretisierung des Umfangs einer möglichen Mietanpassung braucht es daher laut Urteil nicht. Auch in der Tatsache, dass dem Mieter für den Fall einer Preiserhöhung keine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit eingeräumt worden ist, ist laut Gericht keine unangemesse Benachteiligung. (gs)
(masi)