IFA

Samsung und die Blogger: Eine Geschichte von Marketing, Erpressung und Unabhängigkeit

Samsung soll Blogger aus aller Welt zur IFA eingeladen und dort unter Druck gesetzt haben, als Promoter aufzutreten. Ein indischer Blogger erklärte, man habe ihm mit Stornierung des Rückflugs gedroht. Samsung spricht von einem Missverständnis.

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Samsung soll Blogger zur IFA eingeladen und dort unter Druck gesetzt haben, als Promoter aufzutreten. Das berichtet Thenextweb unter Berufung auf den indischen Blogger Clinton Jeff, der das Blog Unleash The Phones betreibt, sowie auf weitere anonyme Informanten.

Jeff soll gemeinsam mit anderen Bloggern, die am „Samsung Mob!lers“-Programm teilnehmen und darüber exklusive Vorabgeräte erhalten, nach Berlin zur IFA eingeladen worden sein. Samsung habe sich bereit erklärt, Hotelkosten und Flug komplett zu übernehmen. In der Einladung sei es den Bloggern zudem freigestellt worden, ob sie als „Promoter“ oder „Reporter“ teilnehmen. Jeff will bei der Annahme der Einladung explizit erklärt haben, nur als unabhängiger Berichterstatter für sein Blog zu agieren.

In Berlin angekommen, haben Samsung-Vertreter laut dem Bericht jedoch gefordert, dass Jeff und die anderen Teilnehmer als Promoter auftreten, Samsung-Shirts und weitere gestellte Kleidung tragen und am Messestand Geräte präsentieren. Auf die Weigerung hin, als Promoter aufzutreten, soll Samsung Druck gemacht haben: Rückflug und Hotelkosten würden dann nicht mehr übernommen, lautete die Drohung. Jeff will sich auf einen Kompromiss eingelassen und an einer Veranstaltung teilgenommen haben, woraufhin ihm Samsung einen früheren Rückflugtermin buchte – und Stillschweigen über die Ereignisse verlangt haben soll.

Samsung erklärte auf Anfrage von heise online, dass es sich wohl um ein Missverständnis gehandelt haben muss. Die Teilnahme an „Samsung Mob!lers“ sei freiwillig, ebenso würden die Aktivitäten bei Marketingevents niemandem aufgezwungen. Blogger Jeff sei wohl nur unzureichend über die Art der Aktivitäten bei der IFA gebrieft worden. Samsung wolle jedoch versuchen, wieder mit dem Blogger in Kontakt zu kommen.

Doch auch andere Blogger haben bereits auf den Fall reagiert: Amit Bhawani, der ebenfalls an „Mob!lers“ teilnimmt und Berlin war, schreibt in einem Post, dass Samsung sehr wohl im Vorfeld darüber informiert habe, was von „Promotern“ und „Reportern“ erwartet werde. Die Einladung für letztere habe generell nur für drei Tage gegolten und die Teilnahme an einem Marketing-Event verpflichtend umfasst.

Mittlerweile hat ein anderer Konzern aus Samsungs PR-Debakel bereits Kapital geschlagen: Wie Jeff in einem Tweet mitteilte, ist Nokia als weißer Ritter eingesprungen und will Rückflug und Hotelkosten des Bloggers bis zum Ende der IFA übernehmen.

Generell ist es im Technik-Journalismus nicht unüblich, wenn Konzerne Berichterstattern Hotel und Flug spendieren – diese sind allerdings mit keinen Zugeständnissen an die einladende Firma oder gar Werbeaktionen verbunden. Auch in der c't-Redaktion werden solche Einladungen gelegentlich angenommen – aber immer unter der Voraussetzung, keinerlei Verpflichtungen einzugehen und neutral zu berichten.

[UPDATE, 3.09.2012, 15:55]

Wie Thenextweb meldet, hat sich Samsung inzwischen bei Clinton Jeff entschuldigt. Das Unternehmen bedauerte, ihn in übermäßige Bedrängnis gebracht zu haben, und wolle nun die Situation klären. Dazu soll Samsung ein persönliches Treffen vorgeschlagen haben, um gemeinsam eine Lösung zu finden. (axk)