Microsoft-Serverfarm wollte Strom verschwenden um Geld zu sparen

Wenn Privatleute mit Strom aasen, wird es teuer, wenn eine Fabrik weniger Energie abnimmt als vereinbart, aber auch. Um einer Vertragsstrafe mit dem Stromversorger zu entgehen, wollte Microsoft in einem US-Rechenzentrum daher unnütz Strom verheizen.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

IT-Konzerne sind seit geraumer Zeit unter den Schlagwort Green IT um ein ökologisch korrektes Image bemüht: Namentlich die stromhungrigen Serverfarmen sollen möglichst effizient mit elektrischer Energie umgehen, und jene sollte tunlichst nicht aus "schmutzigen" Quellen wie Kernkraft stammen. Microsoft schien also einiges richtig gemacht zu haben, als es ein riesiges Rechenzentrum bei der Ortschaft Quincy im US-Staat Washington ansiedelte, wo am nahe gelegenen Columbia River Wasserkraft erzeugt wird, die industriellen Kunden zu Spottpreisen angeboten wird.

Doch nun ist der Software-Riese ins Gerede gekommen, weil er sich in Quincy dabei erwischen ließ, zumindest einmal beim Strombezug ökonomische vor ökologische Interessen gestellt zu haben: Weil der Konzern seinen dortigen Strombedarf im Vorfeld größer als tatsächlich benötigt eingeschätzt hatte, drohte ihm eine Vertragsstrafe von 210.000 US-Dollar, berichtet die New York Times (NYT) unter Berufung auf der Zeitung vorliegende Unterlagen. Demzufolge habe Microsoft damit gedroht, mehrere Megawatt Strom in "unnötig verschwenderischer" Weise zu verbrauchen. Solche Take-or-Pay-Verträge (Erläuterung als PDF) sind bei industriellen Verbrauchern auch hierzulande verbreitet: Um ihre Netze bedarfsgerecht dimensionieren zu können, wollen die Versorger die Abnahmemengen ihrer Großkunden möglichst genau vorhersehen können.

Die Ankündigung gegenüber dem Stromversorger, den an sich nicht benötigten Strom mittels so genannter Lastbänke (load banks) zum Ende vergangenen Jahres in mollige Wärme zu verwandeln, sei ein ein einmaliges und schnell beigelegtes Vorkommnis gewesen, zitiert die NYT eine Microsoft-Sprecherin.

Doch auch beim Einsatz von Dieselgeneratoren zur unterbrechungsfreien Stromversorgung sei Microsoft großzügig umgegangen und habe sich so den Zorn der Anwohner zugezogen: Im Verlauf von 2010 seien die Diesel auf 3615 Betriebsstunden gekommen – während ein benachbartes Yahoo-Rechenzentrum gerade 65 Stunden auf den CO2 und Rußpartikel erzeugenden Backup-Betrieb zurückgegriffen habe.

Wesentlich umweltbewusster zeigt sich Microsoft im Umgang mit Trinkwasser. Nachdem der Software-Konzern eine millionenteure Wasseraufbereitungsanlage gebaut hat, die er für symbolische zehn Dollar im Jahr an die Stadt Quincy verleast, kann zur Kühlung der Server aufbereitetes Abwasser aus der örtlichen Lebensmittelfabrik fließen.

Auch als Steuerzahler sind die Rechenzentrumsbetreiber in der Region gerne gesehen: Seitdem Microsoft, Yahoo, Sabey, Intuit, Dell und Vantage Serverfarmen in der landwirtschaftlich geprägten Region betreiben, ist das Grundsteueraufkommen der Gemeinde von 815.000 US-Dollar im Jahr 2005 auf voraussichtlich 3,6 Millionen US-Dollar (2,7 Millionen Euro) im laufenden Jahr gestiegen, hält die NYT fest. (ssu)